@ COPYRIGHT G. Strahl, Neuss
Gretna Green
Gretna
Green
ist
ein
Dorf
in
Südschottland
an
der
Grenze
zu
England
gelegen.
Nicht
weiter
wichtig.
Aber
ab
der
Mitte
des
18.
Jahrhunderts
erlebte
es
eine
Art
Boom,
der
bis
in
die
70er
Jahre
des
20.
Jahrhunderts
anhielt.
Denn
hier
durften
Minderjährige
ohne
die
Zustimmung
der
Eltern
oder
Erziehungsberechtigten
heiraten.
Da
flohen
dann
viele
Minderjährige
aus
ganz
Europa
in
dieses
kleine
Dorf,
um
sich
von
einem
Schmied
als
Amtsperson
trauen
zu
lassen.
Die
Hochzeiten
fanden
in
seiner
Schmiede
statt,
die
Trauungen
wurden
am
Amboss
durchgeführt
und
anschließend
mit
Hammerschlägen
auf
einen
Amboss
bekräftigt.
Es
gab
jede
Menge
dramatische
Szenen,
wenn
Eltern
hinter
ihren
abtrünnigen
Sprösslingen
her
hetzten,
um
die
Eheschließung
doch
noch
zu
verhindern.
Aber
meistens
war
das
fait
accompli
perfekt
und
an
der
Gültigkeit
der
Trauung
nicht
mehr
rütteln.
In
ihrem
Roman
„Stolz
und
Vorurteil“
nennt
Jane
Austen
Gretna
Green
als
mögliches
Ziel
der
minderjährigen
Lydia
Bennet, die mit einem Offizier durchgebrannt ist.
Heute
gibt
es
eine
Reihe
von
Souvenirshops
und
ein
Restaurant.
Heiraten
kann
man
immer
noch
hier.
Und
ein
Museum
gibt
es
auch.
Übrigens,
in
Filmen
taucht
Gretna
Green
als
Heiratsort
auf,
z.B.
in
„Sieben
Ohrfeigen“
von
1937
mit
Lilian
Harvey
und Willi Fritsch. Joschka Fischer heiratete seine erste Frau 1967 dort.
Glasgow
Glasgow
ist
die
größte
Stadt
Schottlands
und
liegt
am
Fluss
Clyde.
Ihre
Geschichte
reicht
bis
in
vorrömische
Zeit.
Die
Stadt
entwickelte
sich
zu
einer
bedeutenden
Industriestadt,
wozu
vor
allem
das
reiche
Vorkommen
von
Kohle
und
Eisen
beitrug.
Der
Niedergang
dieser
Industrie
bedeutete
auch
einen
Niedergang
Glasgows,
von
dem
es
sich
erst
in
der
letzten
Zeit
wieder
erholte
dank
einer
Vielzahl
von
Investitionen.
Dennoch
gibt
es
viele
Probleme
mit
Jugendarbeitslosigkeit
bzw.
-Kriminalität,
Alkoholismus,
einer
hohen
Krebsrate
sowie
psychischen
Erkrankungen
vor
allem
bei
Männern.
Da
die
Stadt
von
den
Zuwendungen
der
EU
sehr
profitiert
hat,
ist
man
hier
verständlicherweise
alles
andere
als
begeistert
vom
drohenden
Brexit
und
hat
schon
Forderungen
in
geldlicher
Hinsicht
an
die
schottische
und
englische
Regierung gestellt.
Glasgow
hat
ein
reiches
Kulturleben
vorzuweisen,
Museen und natürlich Kirchen und seine Kathedrale.
Schottland 2019
„
Nach
Schottland
also!
“
Die
Koffer
waren
gepackt,
die
Billetts
gelöst,
und
als
der
Spätzug
sich
endlich
in
Bewegung
setzte
und
majestätisch
aus
der
Halle
des
King’s
Cross-Bahnhofes
hinausglitt,
überlief
es
mich
ähnlich
wie
vierzehn
Jahre
früher,
wo es zum ersten Male für mich hieß:
„
Nach England!
“
So
beginnt
Theodor
Fontane
seine
Reiseerzählung:
„
Jenseits
des
Tweed
–
Bilder
und
Briefe
aus
Schottland“
,
erschienen
im
Verlang
Julius
Springer,
1860.
Sein
Reisebegleiter
ist
wieder
Bernhard
von
Lepel,
der
Freund,
dem
er
ein
eigenes
Vor-
und
Dankeswort
widmet
und
der
die
Zeichnungen
und
Radierungen
beisteuert.
Ein Reiseführer aus dem 19. Jahrhundert
Die
Begeisterung
für
Schottland
und
seine
Geschichte
sowie
seine
Dichtung
entzün
dete
sich
bei
Fontane
vor
allem
an
Walter
Scott
(1771-1832),
an
dessen
Gedichten
und
Dichtungen
wie
Ivanhoe,
The
Lay
of
the
Last
Minstrel,
Marmion
oder
The
Lady
of
the
Lake
.
Viel
schöpft
Fontane
an
geschichtlichem
Wissen
aus
diesen
Werken,
wenngleich
er
auch
andere
Quellen
benutzt.
Und
noch
ein schottischer Dichter war ihm wichtig:
Robert Burns
(1759-1796).
Hatte
Scott
Dichtungen
deutscher
Autoren
wie
Goethe
oder
Gottfried
August
Bürger
für
das
schottische
oder
englische
Publikum
zugänglich
gemacht
(in
einer
Art
Nach
dichtung),
so
übersetzt
nun
Theodor
Fontane
einige
von
dessen
Gedichte
ins
Deutsche.
Er
übersetzte
auch
eine
Reihe
von
schottischen
(und
englischen)
Volksliedern
und
Balladen.
Eines
geht
auf
die
Unglücksschlacht
bei
Flodden
1514
zurück,
in
der
die
Schotten
den
Engländern
unterlagen.
Fontane
fand
das
Gedicht
in
Scotts Volksballadensammlung „
Minstrelsy of the Scottish Border
“ (1802/03).
Das Volkslied mit dem Titel „Die Blumen des Waldes“ (The flowers oft he forest) beginnt in Fontanes
Übersetzung:
„Ich hörte sie singen, wenn morgens sie gingen,
Die Herde zu melken, die draußen steht.
Nun hör ich ihr Wehe, wo immer ich gehe –
Die Blumen des Waldes sind abgemäht.“
(Wanderungen durch England und Schottland, Bd. 2, Jenseits des Tweed, S. 142)
Die
Begeisterung
für
Scott
und
Burns
ist
im
Band
„
Jenseits
des
Teeds
“
immer
wieder
spürbar.
Aber
Fontane
hat
in
den
vierzehn
Jahren
zwischen
der
ersten
England-Reise
und
der
jetzigen
nach
Schottland
viel
gelernt
und
sieht
nun
auch
die
Schattenseiten
dieses
Landes,
auch
mehr
Schattenseiten
bei
Walter
Scott,
auf
den
zu
einem
nicht
geringen
Teil
die
Schottland-Romantik
und
-
Begeisterung seiner Zeitgenossen bis hin zum englischen Königshaus zurückgeht.
Der
zweite
Band
der
„
Wanderungen
durch
England
und
Schottland
“
(Hrg.
Hans-Heinrich
Reuter,
Verlag
der
Nation
Berlin,
2.
Auflage
1991)
beginnt
allerdings
mit
einem
geschichtlichen
Abriss.
Man
spürt
Fontanes
Liebe
für
das
Land,
seine
Geschichte
und
die
Menschen,
er
schildert
die
Vorzüge
und
Tugenden.
Aber
er
sieht
auch
die
viele
Gewalt,
die
Clan-Kriege
und
die
Zerstörungswut
der
unterschied
lichen
Clans
mit
ihren
Macht-
und
Besitzansprüchen.
Treue
und
Treulosigkeit
liegen
dicht
beieinander,
Tugenden
wie
Mut
und
Opferbereitschaft
schlagen
in
ihr
Gegenteil
um,
Gerechtigkeits-
und
Freiheitsstreben
in
Grausamkeit
und
Betrug.
Es
gibt
ein
Spottlied
-
von
Fontane
übertragen
-
auf
die
vielen
Schlachten,
das
mit
grimmigem
Humor
auf
das
oft
sinnlose
Blutvergießen anspielt.
(Wanderungen durch England und Schottland, Bd. 2, S. 441)
Man
kann
also
nicht
sagen,
Fontane
habe
die
rosarote
Brille
auf,
wenn
er
auf
Schottland
blickt.
Andererseits erfreut er sich an allem, was Land und Leute an Gutem und Schönen zu bieten haben.
Wieder
war
ich
–
vor
allem
nachdem
ich
verschiedene
Orte,
die
er
besucht
hatte,
mit
eigenen
Augen
sehen
konnte
–
fasziniert
von
seinem
Schreibstil,
von
ihm
als
Reisebegleiter.
Er
kann
unglaublich
charmant
sein,
sieht
viele
kleine
Dinge,
Ereignisse,
Begegnungen
und
erzählt
so
animiert
und
animierend
von
seinen
Erfahrungen,
dass
ich
wieder
und
wieder
dachte,
wie
schade,
wären
doch
die
Bücher
nicht
so
schwer.
Mit
Fontane
kann
man
wirklich
reisen.
Er
schreibt
über
die
Geschichte
und
Geschichten,
die
Mythen
und
Mären,
und
beschreibt
Orte
und
Plätze
so,
dass
man
mit
dem
Buch
in
der
Hand
durch
die
Straßen
z.B.
von
Edinburgh
gehen
kann.
Man
wird
alles
finden,
was
er
beschreibt.
Die
Sehenswürdigkeiten
bzw.
die
Orte
und
Plätze,
die
er
besucht, sind auch heute noch wichtig und interessant.
Wie
im
ersten
Teil
meiner
Reise
möchte
ich
mit
Theodor
Fontane
von
meiner
Reise
erzählen
in
Bildern
und
Anmerkungen
und
Zitaten.
Ich
war
nicht
mit
dem
Zug,
sondern
mit
einem
Reisebus
unterwegs.
Aber das macht ja nichts.
Nach Schottland also!
Argay-Tal, Argyll-Forest und die
Highlands
Wer
eine
Reise
nach
Schottland
plant,
dem
wird
immer
vorgeschwärmt:
Die
Highlands,
die
Highlands
–
die
musst
du
besuchen!
Wenn
man
dort
ist,
dann
sind
sie
vor
allem
abgelegen,
ja
einsam,
grün
–
insbesondere
grün
–
und
eigenartig
fremd.
Wenn
es
auch
noch
regnet
und
die
Regenwolken
wie
Nebelschleier
über
die
Berge
und
Abhänge
ziehen,
dann
wundert
man
sich
nicht
über
Märchen
und
Sagen.
Wolken
rauchen
aus
Gipfeln
hervor
wie
Vulkane,
könnten
der
Schleier
einer
Elfenfrau
sein,
einer
Figur
aus
der
Anderwelt.
Und
die
Bergformationen
erinnern
an
mythische
Tiere
und
Ungeheuer
wie
schlafende
Riesen.
Oder
sind
es
Trolle,
die
in
der
Nacht
zum
Leben
erwacht
sind,
sich
getroffen,
miteinander
geredet
und
gespielt
haben?
Nun,
wo
der
Tag
anbricht,
sind
sie
wieder
erstarrt
und
gerade
so
liegengeblieben,
wie
sie
in
der
Nacht gestanden, gesessen oder gelegen haben. Wer weiß!
Ganz
besonders
auf
der
Insel
Mull
erinnern
mich
die
Felsen
im
Meer
oder
im
Inselinnern
an
Figuren
aus
Mythen
und
Märchen.
Mull
ist
eine
Insel
der
Inneren
Hebriden
vor
der
Nordwestküste
Schottlands.
Sie
ist
seit
ca.
6000
vor
Chr.
besiedelt.
Heute
ist
sie
touristisch
gut
erschlossen
und
dient vor allem als Zwischenstation für Pilger und Reisende zur Insel Iona.
(==> Teil 2)