Buch-Welt-Musik
Medium Rezension
1051
Austen, Jane
Stolz und Vorurteil
Regie: Joe Wright
Darsteller: Keira Knightley, Matthew Mcfadyen, Rosamund Pike, Brenda Blethyn, Donald Sutherland u.a.
(Pride and Prejudice)
Inhalt
Die Bennets sind eine vielköpfige Familie, Vater, Mutter, fünf Töchter, kleines Einkommen; die Familie hängt von einem entfernten Cousin ab, dessen Erbe sie bewirtschaften. Eigenes Vermögen gibt es so gut wie nicht. Die beiden ältesten Töchter, Jane und Elizabeth (genannt Lizzy), sind schön, belesen und vor allem Lizzy sehr intelligent, witzig und selbstbewusst. Mrs. Benett hat nur ein Ziel: Ihre Töchter möglichst gut zu verheiraten. Dazu ist ihr (fast) jedes Mittel recht. Ihr Ehemann hält zu ihr Distanz. Sie ist nicht seine große Liebe, ihm geistig nicht gewachsen und wirkt ein bisschen exaltiert.
In ihre kleine Welt bricht die große herein mit der Ankunft eines wohlhabenden Junggesellen, Mr. Bingley, und seinem Freund Darcy. So freundlich und zugewandt Bingley ist, so arrogant und unzugänglich wirkt Darcy. Wie Mrs. Bennet gehofft hat, verliebt Bingley sich in Jane, doch Darcy im Verein mit dessen Schwester hintertreibt die sich anbahnende Beziehung. Lizzy, die einige unfreundliche Äußerungen Darcys unfreiwillig mitbekommt, liefert sich bei den wenigen Aufeinandertreffen einige Wortgefechte mit ihm und verhehlt ihre Abneigung nicht.
In der Folge begegnen sich Lizzy und Darcy immer wieder. Sie besteht auf ihrer Abneigung gegen ihn, während er sich hoffnungslos in sie verliebt. Wie die Geschichte weitergeht, das lese man selbst bzw. schaue sich den Film an. Die Story basiert auf dem gleichnamigen Roman von Jane Austen.
Wie schrieb die FAZ über den Film? Ein kleines Wunder. Und das stimmt. Ich sah ihn zuerst im Fernsehen und obwohl ich natürlich die Version mit Colin Firth kannte und ebenso natürlich liebte und liebe, verliebte ich mich auf der Stelle in den Film. Schon wie er beginnt: Lizzy geht in der Morgendämmerung spazieren, der Nebel liegt auf der Landschaft. Im Hintergrund Klaviermusik, die an Mozart erinnert, aber für den Film komponiert wurde. Kein Geringerer als Jean Yves Thibaudet spielt den Pianopart. Ich war von Anfang an fasziniert, wiewohl ich nicht wusste, wer spielt. Die Musik hat überhaupt eine große Rolle, auch wird deutlich, dass die Tanzgesellschaften eine der wenigen Möglichkeiten waren, zu denen sich Männer und Frauen gesellschaftlich toleriert bzw. gewünscht begegnen können. Der Film beginnt mit den morgendlich-stillen Szenen unglaublich stimmungsvoll. Darauf bricht mit der Heimkehr Lizzys das quirlige Leben der Bennets in diese Stille. Die Träume und Sehnsüchte der Familie sowie ihre Konflikte sind lebendig und liebenswert dargestellt. Die Schauspieler überzeugen allesamt. Aber natürlich Keira Knightley als Lizzy ist absolut sehenswert. Und auch Matthew Mcfadyen meistert seinen Part als Darcy genauso großartig. Er hatte es wohl am schwersten mit Colin Firth als Vergleich, dem Darcy der vergangenen Jahre. Aber ich finde, Matthew Mcfadyen spielt ihn sensibel, macht den Widerspruch in dem Charakter glaubhaft, sowie die unterdrückte Leidenschaft und den Kampf gegen sich selbst und seine Gefühle. Und zeigt ihn mutig, wenn er sich Lizzy offenbart, wenn auch auf für sie nicht akzeptable Weise. Beide sind stolz und in ihren Vorurteilen gefangen, beide hadern mit sich und dem andern. Aber sie sind absolut liebenswert und man kann sie verstehen.
Die Produktion als solche ist sorgfältig in der Auswahl der Drehorte, der Kameraführung, der Ausstattung, der Musik sowie natürlich der Darsteller. Es gibt auch Bonusmaterial mit Interviews, Angaben zu Drehorten sowie Informationen über die Zeit Jane Austens. Der Film ist wahlweise auf Englisch (mit und ohne Untertitel) oder auf Deutsch zu sehen.
GB/F - 2005 - DVD
1116
Bayerische Staatsoper, Korngold, Erich Wolfgang
Erich Wolfgang Korngold - Die tote Stadt
Kirill Petrenko, Dirigent; Simon Stone, Regisseur
Jonas Kaufmann, Marlis Petersen u.a.
Erich Wolfgang Korngold - der Unbekannte
Geboren 18897 in Brünn, gestorben 1957 in Los Angeles. Korngold war ein austro-amerikanischer Komponist, Dirigent, Arrangeur und Pianist. 1920 schon, also mit 23 Jahren, erreichte er seinen ersten großen Erfolg mit seiner Oper „Die tote Stadt“. Korngold sah sich als Vertreter der modernen Klassik. Er kam 1934 in die USA um zu komponieren. Er war jüdischer Herkunft und entschied er sich 1938 wegen des Nationalsozialismus ganz mit seiner Familie in die USA zu emigrieren. Er schrieb dort u.a. Filmmusiken und erhielt zwei Oscars, für die Musik zum Film „Ein rastloses Leben“ und „ Robin Hood, der König der Vagabunden“. Er geriet im Laufe der Jahre in Vergessenheit, wie so viele Emigranten. Seit einigen Jahren wird er neu entdeckt und seine Werke sind in vielen Aufnahmen wieder zu hören.
Frühes Meisterwerk
Erich Wolfgang Korngolds Meisterwerk ist bis heute auf dem Programm von Opernbühnen zu finden. Sein Vater, Julius Korngold, hatte das Libretto unter einem Pseudonym für seinen Sohn geschrieben. Das Stück beruht auf einer Romanvorlage von Georges Rodenbach mit dem Titel „Das tote Brügge“ bzw. auf deren Schauspielbearbeitung „Das Trugbild“. Die größte Veränderung, die Julius Korngold vornahm, betrifft den Schluss. Der Protagonist erlebt den Großteil des Geschehens als Albtraum, aus dem er am Ende erwacht.
Korngold war beeinflusst von Freuds Psychoanalyse und Traumdeutung. Dies spiegelt sich im Inhalt der Oper, die zwischen Traum und Realität changiert. Je nach Inszenierung wird klar, wie modern die Oper auch heute noch ist mit ihrem psychoanalytischen Tiefgang und geradezu filmischen Übergängen zwischen den einzelnen Szenen, die an den viel später agierenden Alfred Hitchcock erinnern.
Zwischen Traum und Realität - Inhalt der Oper
Paul lebt zurückgezogen und vereinsamt in seinem Haus in Brügge, gänzlich aufgesogen von der Trauer um seine verstorbene Frau Marie. Er verstört Freunde und seine Haushälterin mit dieser exzessiven Trauer, in der er niemand an sich heranlässt. Verzweifelt bittet er Gott, ihm Marie zurückzugeben.

In diese Zurückgezogenheit kommt Marietta, eine Fremde, die ihn in allem – Aussehen, Stimme, Bewegungen – an seine Frau erinnert. Paul ist ihr zufällig begegnet und hat sie zu sich eingeladen. Marietta ist Schauspielerin, Sängerin, Tänzerin. Paul inszeniert mit ihr, die keine Ahnung von seiner Obsession hat, eine Art Auferstehung Maries. Er gibt Marietta deren Schal und Laute, so dass die Ähnlichkeit noch verstärkt wird. Gemeinsam singen sie ein Lied, das von der Unsterblichkeit der Liebe über den Tod hinaus singt.
Diese Auferstehungsinszenierung wird gestört durch Mariettas Freunde, die gleichfalls dem Theater angehören, und die sie abholen, weil sie auftreten muss. Marietta hat inzwischen ein Porträt von Maria entdeckt und auch die Ähnlichkeit zwischen ihnen beiden. Bevor es jedoch zu einem Gespräch darüber kommen kann, muss sie aufbrechen zu ihrer Theaterveranstaltung. Sie sagt Paul, sie müsse in Giacomo Meyerbeers Oper „Robert le diable“ die Helena tanzen.

In ihrer Abwesenheit gerät Paul in einen regelrechten Rausch, in dem er die Vereinigung mit seiner toten Frau wieder herbeiruft. Nun vermischen sich Traum und Realität. Paul steigert sich in seinen Wahn, beginnt Streit mit Frank, einem Freund, dem er vorwirft, ihn mit Marietta zu betrügen. Der weiß natürlich von nichts und so trennen sie sich.
Paul ist hin und her gerissen zwischen der Treue zu seiner toten Frau und der erwachenden Liebe zu Marietta. Nach der Theatervorstellung, die Paul heimlich beobachtet, kehrt sie zu ihm zurück. Von seinen Schuldgefühlen überwältigt bringt er sie nach einer gemeinsamen Nacht um, weil sie sich über Marie lustig macht.
Die Oper endet, indem Paul wie aus einem Traum erwacht und entdeckt, dass er Marietta nicht umgebracht hat, dass alles, was geschehen war, nachdem Marietta das Haus verlassen hatte, ein Traum war. Marietta kommt noch einmal zurück, um ihren Schirm und ihre Rosen zu holen. Sie verlässt Paul. Frank, sein Freund, sucht ihn auf. Paul erkennt, dass seine Trauer obsessive Züge trug und erklärt sich bereit, nunmehr Brügge, die tote Stadt, zu verlassen. Er akzeptiert, dass sein Totenkult gescheitert ist. Er kann Marie nicht am Leben erhalten. Es gibt keine Auferstehung im Diesseits.
Die Inszenierung an der Bayerischen Staatsoper (2019/2020)
Jonas Kaufmann hatte sich gewünscht, die Rolle des Paul zu singen. Und als Star der Bayerischen Oper wurde ihm dieser Wunsch erfüllt, 60 Jahre nach der letzten Aufführung an dieser Bühne. "Das Ergebnis ist eine klug erdachte Neuproduktion auf höchstem musikalischem Niveau." So der Rezensent Neil Fisher in der "Times" vom 25. November 2019.
Die Oper führt alle Beteiligten Sänger und Sängerinnen, insbesondere die beiden Hauptfiguren, an die Grenze ihres Könnens. Die Partien sind sehr strapaziös, stimmlich wie darstellerisch. Die exzessive Persönlichkeit Pauls, die hart an der Grenze zum Wahnsinn lebt, ist eine große Herausforderung für jeden Sänger. Auch die Rolle der Marietta ist mehr als anstrengend, muss sie doch die Untiefen Pauls ausloten und aushalten. Die Münchener Inszenierung schonte weder Marlies Petersen noch Jonas Kaufmann. Die beiden schenken sich nichts, sie sind ebenbürtig und excellente Darsteller und Sänger. Sie singen und spielen kongenial.
Natürlich sorgt die berühmte und berührende Arie "Glück, das mir verblieb", die die beiden im ersten Akt singen, für Gänsehautmomente. Das kann bei dieser Musik gar nicht anders sein. Am Schluss der Oper singt Paul die Arie noch einmal. Jonas Kaufmann gelingt es, in dieser Wiederholung die ganze Trauer, den tiefen Schmerz und die vergebliche Sehnsucht hörbar zu machen. Die eigentliche Trauerarbeit beginnt erst. Das versteht Paul jetzt.
Noch einmal Neil Fisher über die Inszenierung: "Im Spiel mit den verschiedenen Zeitebenen wird nie ganz klar, was Wirklichkeit ist und was Einbildung; die Inszenierung zeigt die emotionale Kälte des Stadtlebens, in der Trauer keinen Platz hat; gleichzeitig macht sie deutlich, dass man seine früheren Partner nie ganz und gar vergisst und immer ein Stück weit in jede neue Beziehung mitnimmt.“ (Rezension "Times" vom 25. November 2019)
Fazit
Eine überaus spannende, zeitgemäße und eindrucksvolle Inszenierung von Simon Stone, getragen von tiefem Mitgefühl und Menschlichkeit. Die Rolle des Paul ist Jonas Kaufmann wie auf den Leib geschrieben. Es gelingt ihm, die schwierige Partie voll und ganz auszufüllen. Seit Jahren schon begeisterte er sich für diese Oper. Nun ging sein Wunsch in Erfüllung. Marlies Petersen ist in jeder Hinsicht ebenbürtig. Kirill Petrenko – Kaufmanns Lieblingsdirigent bei Opern – leitet das Bayerische Staatsorchester einfühlsam, nuancenreich und ohne Sentimentalität. Alles in allem: Ein Glücksfall für die Oper und eine sehr schöne, empfehlenswerte DVD.
Bayerische Staatsoper Recordings - 2019 und 2020 - DVD
1005
BBC-Verfilmung
Charlotte Brontë’s Jane Eyre
Regie: Susanne White
Ruth Wilson, Toby Stephens, Georgie Henle
Traumhafte Umsetzung von "Jane Eyre"
Man soll niemals vergleichen. Und so will ich auch diese Produktion nicht mit anderen Verfilmungen von "Jane Eyre" vergleichen. Es bringt nichts (aber jedem das Seine). Ich hatte mir die Rezensionen zu den verschiednen Verfilmungen angeschaut und mich für die neue mit Mia Wasikowska und Michael Fassbender entschieden. Das habe ich nicht bereut. Im Gegenteil - eine wunderbare, gelungene Verfilmung mit großartigen Schauspielern.
Mehr aus Neugier habe ich mir dann die Ausstrahlung der BBC-Verfilmung von "Jane Eyre" mit Ruth Wilson und Toby Stevens bei ARTE vor angeschaut. Und ich war fasziniert, emotional absolut ins Schwarze getroffen. Und zum Glück habe ich mir doch noch diese DVD gekauft. Beide Hauptakteure sind genau das, was sie darstellen. Alles ist durchdacht, beide haben die Personen verstanden. Alles ist sorgfältig bei dieser Produktion: Die Auswahl der Darsteller, die Kostüme, die Handlung. Alles ist stimmig und nachvollziehbar. Sowohl Janes als auch Mr. Rochesters Beweggründe und Seelenverfassung werden sichtbar. Sie sind so nah, so lebendig, keine Personen aus einer längst vergangenen Zeit oder lediglich Kopfgeburten - sie sind wirklich.
Und ihre Probleme sind von unseren gar nicht immer so verschieden: Was ist denn Liebe zuerst und zuletzt? Was heißt "ich liebe dich" - meint das doch nur "ich liebe mich"? Was heißt das, einen Fehler gemacht zu haben oder in etwas hineingezogen zu werden, und aus der Falle nicht mehr herauszukommen? Welches Recht auf Selbstbestimmung haben Frauen wie Männer heute auf der Welt und wie viel Rücksicht auf die Umwelt müssen wir doch nehmen? Wie frei sind wir wirklich? Und wie teuer ist uns eine Beziehung heute - oder ist die so genannte große Liebe doch nur ein kleine, leicht zu habende und deshalb oft ebenso leicht wieder aufzugebende. Fragen, die so alt und so jung sind, wie die Fragesteller selbst.
Wer mehr über Jane Eyre erfahren möchte, hier geht es weiter.
1031
Gaskell, Elizabeth
Cranford
Darsteller: Judi Dench, Francesca Annis, Eileen Atkins, Micheal Gambon, Philip Glenister u.a.
Die beiden BBC-Verfilmungen beruhen auf Werken von Elizabeth Gaskells Romanen Cranford und Mr. Harrisons Bekenntnisse.
Elizabeth Gaskell (1810-1865) ist in England immer noch ein Begriff. Die Autorin verschiedener Bücher wie North and South, Wives and Daughters (zu Deutsch: Norden und Süden, Frauen und Töchter) u.a. machte sich im 19. Jhdt. einen Namen als durchaus (sozial-) kritische Autorin, die auch überkommene Rollenklischees hinterfragte. Insbesondere ihre Biographie über ihre Freundin, die Schriftstellerin Charlotte Brontë, ist bis heute aktuell.
Inhalt
Cranford in England im Sommer 1842. In der kleinen Stadt leben vornehmlich ältere alleinstehende Damen. Traditionen werden hoch gehalten, doch die Eisenbahn, die gebaut werden soll und wird, und damit verbundene Neuerungen sorgen für turbulente Zeiten.
Es ist gleichzeitig eine verschworene Gemeinschaft, die sich gegenseitig hilft, vornehm taktvoll – wenn irgend möglich – über finanzielle Engpässe einiger Damen hinwegsieht und gleichzeitig nach Möglichkeiten sucht, zu helfen, ohne dass es auffällt. Fragen nach dem schicklichen Benehmen für eine Frau oder auch einen Mann spielen eine große Rolle, ebenso wie große und kleine Gefühle, Liebeswirren und Verirrungen. Schränken die vielen Vorgaben, was schicklich oder nicht ist, ein? Oder sind sie manchmal sogar eine Hilfe? Das muss von Fall zu Fall betrachtet werden.
Allen voran traditionsbewusst: Miss Deborah Jenkyns, streng und charakterstark. Ihre Schwester Miss Matty steht voll unter ihrem Regiment, ist aber etwas weicher. Auch die anderen Charaktere sind einerseits oft durchaus skurril oder etwas exzentrisch, gleichzeitig aber sympathisch und zeigen in ihren liebenswerten Schwächen und Seiten viel Menschliches. Man muss die Damen und ihren Kampf gegen Finanz- und andere Sorgen mögen, fiebert mit ihnen bei ihren kleinen Alltagsgeschäften. Und nimmt so an ihrem Leben teil. Was auffällt: Gerade die sittenstrenge Miss Deborah wird zunehmend sympathisch, ja liebenswert.
Die Darstellerinnen sind sehr gut ausgewählt, wie überhaupt alle Rollen ausgezeichnet besetzt sind. Auf die Kostüme wurde großen Wert gelegt. Auch die Kulissen sind sehr stimmig. Eine sehr sorgfältige Produktion, vielfach ausgezeichnet und für zwei EMMY Awards nominiert.
Fazit: Empfehlenswert
BBC - 2007 - DVD
1032
Gaskell, Elizabeth
Die Rückkehr nach Cranford
Darsteller: Imelda Staunton, Judi Dench, Tim Curry u.a.
Die beiden BBC-Verfilmungen beruhen auf Werken von Elizabeth Gaskells Romanen Cranford und Mr. Harrisons Bekenntnisse.
Elizabeth Gaskell (1810-1865) ist in England immer noch ein Begriff. Die Autorin verschiedener Bücher wie North and South, Wives and Daughters (zu Deutsch: Norden und Süden, Frauen und Töchter) u.a. machte sich im 19. Jhdt. einen Namen als durchaus (sozial-) kritische Autorin, die auch überkommene Rollenklischees hinterfragte. Insbesondere ihre Biographie über ihre Freundin, die Schriftstellerin Charlotte Brontë, ist bis heute aktuell.
Inhalt
Auch in Cranford ist die Zeit nicht stehen geblieben. Es sieht zwar auf den ersten Blick nicht so aus, aber bei genauerem Hinsehen bröckelt die Front der Traditionalisten. Auch Miss Matty ist zuerst gegen die neue Eisenbahn eingestellt, dann erkennt sie aber, dass der Fortschritt nicht aufzuhalten ist und wenn die jungen Leute bleiben sollen, brauchen sie eine Zukunftsperspektive. Da reicht die Tradition allein nicht mehr aus. Und natürlich menschelt es wieder: Ohne Liebe und Liebeswirren geht es nun mal nicht.
Auch diese Verfilmung ist sehr sorgfältig und liebevoll produziert, schöne Kostüme, stimmige Charaktere.
BBC - 2010 - DVD
1033
Gaskell, Elizabeth
North & South – Norden und Süden
Mitwirkende: Daniela Denby-Ashe, Richard Armitage, Sinead Cusack u.a.
Langfassung
Elizabeth Gaskell (1810-1865) ist in England immer noch ein Begriff. Die Autorin verschiedener Bücher wie North and South, Wives and Daughters (zu Deutsch: Norden und Süden, Frauen und Töchter) u.a. machte sich im 19. Jhdt. einen Namen als durchaus (sozial-) kritische Autorin, die auch überkommene Rollenklischees hinterfragte. Insbesondere ihre Biographie über ihre Freundin, die Schriftstellerin Charlotte Brontë, ist bis heute aktuell.
Inhalt
Margaret Hale, Tochter eines Pfarrers, verliert von einem Tag auf den anderen ihr Zuhause. Ihr Vater überwirft sich mit seiner Kirche und muss seine Pfarrei und die damit verbundene geldliche Sicherheit aufgeben. Mit Frau und Tochter zieht er aus dem sonnigen, ländlichen Süden Englands in die quirlige Industriestadt Milton im Norden des Landes. Der Gegensatz zwischen Arm und Reich ist fortan Teil ihres Lebens, zumal die Familie selbst nun von der Gönnerschaft reicher Baumwoll-Fabrikbesitzer abhängig ist. Der Vater verdient den Lebensunterhalt der Familie mit Unterricht für den reichen Fabrikbesitzer John Tornton. Margaret ist mit Elend, Ausbeutung, schrecklichen Arbeitsbedingungen und eigener drohender Armut konfrontiert sowie einem schmerzlich spürbaren sozial Abstieg.
Der Film zeigt ihren Kampf mit diesen Bedingungen, mit Vorurteilen von Seiten John Thorntons, seiner Familie und den anderen Fabrikbesitzern, aber auch mit eigenen Defiziten. Sie lernt nach und nach das Leben in dieser so hässlichen Stadt kennen und die Menschen dort schätzen, insbesondere die armen und ausgebeuteten Arbeiter mit ihren Familien und schließt Freundschaft mit einigen von ihnen.
Doch sein Werben gerät ungeschickt und sie weist ihn empört ab, was ihn zutiefst verletzt. Er selbst wiederum, durch harte Arbeit hochgekommen, gerät in Schwierigkeiten als die Arbeiter in den Streik treten. Hinzu kommt, dass durch billigere Importe von Baumwolle die englischen Fabrikbesitzer unter Druck geraten. Durch einige traurige wie tragische Ereignisse und Missverständnisse enttäuscht, beschließt Margaret, Milton zu verlassen und in den Süden zurückzukehren. Sie hat in der Zwischenzeit geerbt und ist finanziell unabhängig geworden. Doch vergessen kann sie Milton und einen gewissen John Thornton nicht – so wenig wie er sie...
Über den Film
Als der BBC-Film in England ausgestrahlt wurde, liefen die Telefondrähte der Fernsehgesellschaft heiß. Der Darsteller des John Thornton, Richard Armitage, wurde quasi über Nacht zum Star. Er verkörperte die Rolle so überzeugend und intensiv, dass sie für ihn einen Karrieresprung bedeutete. Der Gefahr, nur noch als Liebhaber zu engagiert zu werden, entging er mit knapper Not. Es folgten Rollen wie die des Guy of Gisborne in Robin Hood, einer Neuauflage des Stoffes in Serienform. Hier avancierte er von einer Nebenfigur in den weiteren Folgen zur heimlichen Hauptperson. Die englische Spionage-Serie Spooks – im Visier des MI5 war dann ein weiterer Meilenstein in seiner Karriere, so wie die Rolle des Thorin Oakenshild im Hobbit.
Die Darstellerin der Margaret Hale, Daniela Denby-Ash, spielt ihre Rolle überzeugend und einfühlsam. Ihre Margaret ist impulsiv, temperamentvoll und manchmal ungerecht, aber immer aufrichtig und mitfühlend. Es ist eine Freude, sie zu sehen.
Sinead Cusak spielt die Mutter John Thorntons, die eifersüchtig um das Wohl ihres Sohnes bemüht ist und dabei nicht davor zurückschreckt, Margaret Unrecht zu tun durch ihre Voreingenommenheit. Andererseits ist ihre Figur mutig und sehr durchsetzungsfähig. So gerät John Thornton mehrmals zwischen Mutter und Herzensdame, eine keinesfalls beneidenswerte Position.
Fazit: Eine schöne Produktion, die immer wieder sehenswert ist, vier Teile umfasst, insgesamt 232 Minuten, u.a. deutsch synchronisiert bzw. in englischer Sprache, mit und ohne Untertitel.
BBC - 2004 - DVD
1018
Goetz, Curt
Frauenarzt Dr. Prätorius
Regie: Curt Goetz
Darsteller: Curt Goetz, Valerie von Martens, Erich Ponto, Bruno Hübner, Albert Florath, Rudolf Reiff
Schwarz-weiß
Curt Goetz war ein deutsch-schweizerischer Autor und Schauspieler. Geboren 1888 in Mainz, gestorben 1960 in der Schweiz.
Er war Theater- und Filmschauspieler, Drehbuchautor, Schriftsteller und Filmemacher. Er gilt darüber hinaus als einer der brillantesten deutschsprachigen Komödienschreiber, geschult an Oscar Wilde, G.B. Shaw, Noel Coward und den amerikanischen Screwball-Comedies
Inhalt
Dr. Hiob Prätorius ist ein sehr erfolgreicher Arzt und Universitätsprofessor mit eigener Klinik und eher eigenwilligen Behandlungsmethoden, wenn die herkömmlichen nicht mehr wirken. Darüber hinaus propagiert er Humor als Methode und das kommt nicht bei allen Mitgliedern der konservativen Professorenschaft seiner Universität an.
Besonders Prof. Speiter ist sein Rivale, der alles daran setzt, ihm zu schaden. Es muss doch einen dunklen Punkt (oder mehrere) in der Vergangenheit des beliebten Arztes geben. Zumal sein merkwürdiger Fahrer und Faktotum Shunderson ist Speiter verdächtig. Und gab es da nicht irgendetwas mit einer Studentin, die ein Kind erwartete? Hat er etwa eine Abtreibung vorgenommen? Was ist mit der Frau des Professors? Woher kommt sie, wer ist sie? Prof. Speiter lässt sein Neid auf den Rivalen keine Ruhe, uns so stellt er Nachforschungen an, die schließlich zu einem Ehrengerichtsverfahren gegen Prätorius führen, dem er sich stellen muss. Ebenso wie den Fragen seiner Frau, warum er sie geheiratet hat.
Über den Film
Der Film beruht auf einem Theaterstück von Curt Goetz, erschienen 1932. Dieses Stück war ihm immer besonders wichtig. Mit gewohnt leichter Hand werden eher tiefer gehende Themen aufgegriffen, wie Loyalität, Freundschaft, Achtung, Respekt, Vertrauen, Hilfsbereitschaft, gesellschaftliche Ächtung durch nicht konformes Verhalten, Liebe, die ungewollt zur Schwangerschaft führt und an Abtreibung denken lässt.
Der Film kommt vielleicht ein wenig altmodisch daher in seiner ganzen Machart. Beide Hauptdarsteller sind eigentlich schon zu alt für ihre Rollen. Besonders zu Anfang mag das ein wenig stören. Aber im Verlauf des Filmes verliert sich dieser Eindruck. Und es gibt Szenen, da vergisst man das ganz einfach, wenn man die beiden agieren sieht, besonders in einer Szene, wo die junge Frau dem Arzt ihre Situation versucht klar zu machen und er sie absichtlich missversteht. Denn er weiß bzw. fürchtet, was als Nächstes kommen wird. Und es kommt. Aber wie sie das spielen, das geht unter die Haut und man wird ganz still. Die ganze Angst der Frau wird spürbar und gleichzeitig die Achtung, die sie der Haltung des Arztes entgegenbringt, obwohl er ihr nicht helfen kann, ja, selbst hilflos ist. Das ist große Schauspielkunst.
Und im weiteren ist der Film dann überhaupt nicht mehr altmodisch und schon gar nicht gestrig.
Fazit: Sehenswert, man muss nur am Anfang etwas abstrahieren. Dieser Stoff wurde übrigens in den USA verfilmt unter dem Titel: People will talk (s. Besprechung dort)
Deutschland - 1949 - DVD
1017
Goetz, Curt
Napoleon ist an allem schuld
Regie: Curt Goetz
Mitwirkende: Curt Goetz, Valerie von Martens, Paul Henkels, Else von Möllendorf u.a.
Komödie - Schwarz-weiß - Der Film ist von 1938, remastered in der Edition filmmuseum München 5. Aufl. 2012
Curt Goetz war ein deutsch-schweizerischer Autor und Schauspieler. Geboren 1888 in Mainz, gestorben 1960 in der Schweiz.
Er war Theater- und Filmschauspieler, Drehbuchautor, Schriftsteller und Filmemacher. Er gilt darüber hinaus als einer der brillantesten deutschsprachigen Komödienschreiber, geschult an Oscar Wilde, G.B. Shaw, Noel Coward und den amerikanischen Screwball-Comedies
Inhalt
Lord Arthur Cavershoot (Curt Goetz) ist, für einen Engländer vielleicht etwas ungewöhnlich, begeisterter Bewunderer Napoleons. Sein ganzes Leben ist dieser Leidenschaft gewidmet und trägt Züge von Fanatismus.
Zwangsläufig findet sich seine gesamte Umgebung in diese Leidenschaft unentrinnbar involviert, auch seine Frau, die passenderweise den Namen Josephine trägt (Valerie von Martens). Sie hat sich mit dem Hobby ihres Mannes arrangiert, lebt mehr oder weniger ihr eigenes Leben und hat ihrerseits eine Passion für das Angeln entwickelt. Und da gibt es noch den besten Freund des Hauses, Lord Cunningham (Paul Henckels). Er war und ist in Josephine verliebt und blieb ihr stets in treuer Huldigung verbunden. Lord Cavershoot weiß um diese alte Liebe, ist sich der seiner Frau aber sicher, ebenso wie der Treue des Freundes ihm gegenüber. Soweit so gut.
Eines Tages erhält Lord Cavershoot eine Einladung zu einem Napoleon-Kongress nach Paris. Dieser verläuft allerdings ganz anders, als der eher sittenstrenge Lord sich das vorgestellt hatte. Die französische Napoleon-Gesellschaft ist nicht ganz so sittenstreng und bietet abends ein Unterhaltungsprogramm für die Teilnehmer des Kongresses an. Nach einigem Stirnrunzeln beginnt Lord Cavershoot Gefallen an der dargebotenen Revue zu finden. Aber da fällt ihm ein Punkt in einer Reihe von sehr hübschen Mädchen auf, der nicht dahin gehört, wo er sich befindet, nämlich am Ende des Namens Napoleon, verkörpert von Madeleine (Else von Möllendorf), einem sehr jungen Revuegirl.
Seine Entrüstung über dieses Ungenauigkeit führt dazu, dass sie ihren Job verliert und nun arbeitslos ist. Als Cavershoot davon erfährt, bekommt er ein schlechtes Gewissen. Und wie dann Madeleine, in der Folge Pünktchen genannt, und Cavershoot zusammenkommen, was passiert (oder auch nicht), wie seine Frau darauf reagiert und vor allem: Wer als Sieger aus dem turbulenten Verwechslungsspiel hervorgeht, dass ist sehr vergnüglich und vor allem sehr intelligent zu sehen.
Versuch einer Einordnung des Filmes
Curt Goetz war es möglich, bis 1938 im Deutschland der Nazizeit zu arbeiten, ohne von ihnen vereinnahmt werden können. Dies hätte man gerne getan, aber er agierte geschickt, was ihm durch seine Schweizer Staatsangehörigkeit erleichtert wurde. Er war überaus beliebt beim deutschsprachigen Publikum, also in Deutschland, Österreich, der Schweiz, vor allem aber in Deutschland. Er hatte mit seiner Frau eine eigene Theatertruppe gebildet, mit der er durch die Lande zog. Für seine Theaterleute fühlte er sich verantwortlich und arbeitete in Deutschland, so lange es ging, zumal er sonst in finanzielle Schwierigkeiten geraten wäre.
Der Film Napoleon ist an allem schuld wurde 1938 gedreht. Nach dessen Fertigstellung sah Curt Goetz keine Möglichkeit mehr, in Deutschland aufzutreten bzw. zu arbeiten, ohne von den Nationalsozialisten abhängig bzw. vereinnahmt zu werden. Er folgte einer Einladung aus den USA, wurde dort mit seiner Frau vom Krieg überrascht und kehrte erst 1946 nach Europa zurück. Er lebte in der Schweiz, war aber schnell wieder auf Theatertourneen in Deutschland unterwegs und drehte noch drei weitere Filme: Das Haus in Montevideo, Frauenarzt Dr. Prätorius (auch Regie) und Hokuspokus (Regie: Kurt Hofmann).
Was den Napoleon-Film über seine Qualitäten als äußerst gelungene Komödie hinaus interessant macht, das ist seine sublime, ja subversive Kritik am Nazi-Regime. Wieso? Es fällt kein einziges kritisches Wort gegen das Regime, es ist gar nicht Thema. Doch zum einen wählt Curt Goetz einen englischen Lord als Hauptfigur. Den kann man für reichlich exzentrisch halten, was eher nach einer ironisch zu verstehenden abwertenden Haltung England gegenüber aussieht. Andererseits ist Lord Cavershoot aber sehr sympathisch gezeichnet. Und er hat sich, völlig unpassend sozusagen, einen Franzosen, noch dazu Napoleon, zum Helden erwählt, also einen Erzfeind Englands. Den verehrt er bis zum völligen Verschmelzen (zumindest in seinen Träumen) mit seinem Idol. England und Frankreich waren beides keine Lieblinge der Machthaber des Dritten Reiches.
Hinzu kommt, dass die Franzosen, leichtsinnig, wie man sie nun mal sehen will, die Napoleon-Manie Cavershoots nicht ganz ernst nehmen und eine Napoleon-Revue inszenieren. Hier tritt nun eine Sängerin auf, die die militärischen Erfolge des großen Franzosen reichlich zusammenstreicht und viel größeres Interesse für seine erotischen Feldzüge zeigt. Dem Militarismus werden sozusagen die Zähne gezogen, er wird veräppelt und das ist natürlich unerträglich für Regime, die ihm huldigen bzw. gerade auf einen Krieg hin arbeiten. Auch wird auf die Begegnung Goethes mit Napoleon hingewiesen, aber in einer Weise, die wiederum als Gesellschaftskritik in Bezug auf Militarismus zu sehen ist.
Fazit: Der Film bietet beste, witzig-spritzige Unterhaltung, jede Menge Dialogwitz, Wortspiele und Pointen – eine besondere Spezialität von Curt Goetz. Aus heutiger Sicht ist er einfach immer noch eine sehr intelligent gemachte Komödie. Aber so ganz einfach verhält es sich nicht.
Deutschland - 1938 - DVD
1062
Kaufmann, Jonas
Eine italienische Nacht – live von der Waldbühne Berlin
Leitung: Jochen Rieder
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Solisten: Jonas Kaufmann, Anita Rachvelishvili
Aufnahme vom 13.7.2018
Das Wetter spielte verrückt, über der Waldbühne ergoss sich zwei Stunden vor Konzertbeginn ein nicht enden wollender Wolkenbruch. Viele Zuschauer wurden nass und die Stimmung war nicht gerade heiter. Aber Jonas Kaufmann und seine Mitstreiter rissen alles heraus und es wurde ein wunderbarer Konzertabend.
Eine ausführliche Beschreibung können Sie hier finden.
Die schon erschienene CD zum Konzert finden Sie unter CD-Rezensionen.
ZDF/Sony Classical - 2018 - DVD
1019
Mankiewicz, Josef
People will talk
Regie: Josef Mankiewicz (auch Drehbuch)
Darsteller: Cary Grant, Jeannie Crain, Walter Slezak
Schwarz-Weiß, deutsche Untertitel
Inhalt
Der Inhalt beruht auf dem Bühnenstück von Curt Goetz: Frauenarzt Dr. Prätorius (s. Besprechung des Films dort) und ist von, behutsamen Änderungen abgesehen, weitgehend identisch mit der Vorlage.
Hintergrund
Der US-amerikanische Regisseur und Drehbuchautor Josef Mankiewicz, dessen Vorfahren aus Deutschland stammten, mochte und schätzte Curt Goetz sehr. Sie hatten u.a. in den USA während des Zweiten Weltkriegs zusammen gearbeitet. Ihm lag viel daran, diesen Stoff zu bekommen und zu verfilmen. Man bot dem Autor viel Geld an. Er hätte im Gegenzug den gerade erst fertig gestellten eigenen Film vernichten müssen. Das lehnte Curt Goetz aber ab. Nach einigem Hin und Her bot man ihm 100.000 Dollar, ohne Einstampfen des deutschen Films. Dieses Angebot nahm er an. So kam es, dass People will talk nur in den Vereinigten Staaten erschien sowie nur mit deutschen Untertiteln versehen wurde.
Die Besetzung mit Cary Grant als Dr. Noah (nicht wie in der Vorlage Hiob) Praetorius und Walter Slezak als sein bester Freund Prof. Lyonel Barker ist etwas Besonderes und sie beide spielen sehr überzeugend. Gerade für Cary Grant ist es eine Möglichkeit, etwas mehr zu zeigen als das, was man gemeinhin von ihm zu sehen bekommt. Jeanne Crain spielt seine Frau, die sich nicht sicher ist, ob er sie aus Liebe oder aus Mitleid geheiratet hat.
Der Inhalt wurde behutsam mit Rücksicht auf amerikanische Verhältnisse angepasst. Diese Änderungen lassen den Film moderner erscheinen als den deutschen Film, zumal die Darsteller erheblich jünger sind. Insgesamt ist der Wortwitz nicht so ausgeprägt, aber die Adaption ist ganz im Geiste und im Sinne der Vorlage gehalten, was sicher auf Mankiewicz, der auch das Drehbuch schrieb, zurückzuführen ist.
Fazit: Eine sehr sehenswerte Fassung mit großartigen Schauspielern. Der Film wird bis heute von Kritikerseite sehr positiv bewertet. Einige US-amerikanische Kritiker sehen im Film verschiedene „brillant-subversive“ Anspielungen des liberal eingestellten Mankiewicz auf das Unwesen der McCarthy-Ära. Die Szene vor dem Ehrengericht ist im Stil der McCarthy-Untersuchungen gefilmt.
USA - 1951 - DVD
1074
Martin Grubinger
The Percussive Planet - Live in Köln
Martin Grubinger & the Percussive Planet-Ensemble
Konzertmitschnitt von 2010
Den Österreicher Martin Grubinger (geb. 1983 in Salzburg) lernte ich kennen durch meine Lieblingsmusiksendung „KlickKlack“ (BR). Von Anfang an beeindruckten mich seine Spontaneität, Lebendigkeit und Begeisterung, mit der er von seiner Arbeit sprach. So viel Leidenschaft und Körpereinsatz, die absolut beeindruckend sind. Wenngleich seine Art von Musik zunächst nicht unbedingt die meine war – ganz anders als sonst und insbesondere lauter Instrumente, die viel, viel Lärm machen können. Das können andere Instrumente auch. Aber Schlagzeug, Trommeln, japanische Gongs, Bongos, Kongas, Bassdrums, sind sehr rhythmisch, kennen zwar durchaus lyrische Momente, der Rhythmus überwiegt jedoch. Hinzu kommen Glockenspiel, Marimbaphon und Xylophon – die sorgen für die Melodien, können aber auch sehr rasant gespielt werden. Und die Kompositionen sind sehr modern. Nicht nur klassische Moderne, sondern auch Tango, Salsa, Samba, Minimal Music, Rock Drumming, Pop Drumming, Taiko-Drumming aus Asien. Das alles war sehr ungewohnt für mich, aber sehr faszinierend.
Denn die Begeisterung und Leidenschaft Martin Grubingers und seines Ensembles reißen mit. Auch sind die Auftritte sehenswert, nicht nur hörenswert. Martin Grubinger gelingt es, die Musik hörbar, fühlbar und sichtbar zu machen. Seine Auftritte haben auch jede Menge visuellen Wert. Wer's nicht glaubt, sollte sich selbst davon überzeugen. Und ich lernte, dass ich da einem Meister seines Genres begegnete, für den namhafte Komponisten ihre Werke schrieben, der mit großen Sinfonieorchestern auftrat und für volle Säle sorgte. Insbesondere ihm ist zu verdanken, dass sich das Schlagzeug als Soloinstrument im Konzertsaal etablieren konnte.
Die DVD „The Percussive Planet“
Ich ließ mich mehr und mehr auf diese Art Musik ein. Und so stieß ich auf die vorliegende DVD. Und da kann man Werke wie „The Wave“ von Keiko Abe kennenlernen und musikalisch einen Streifzug durch Afrika, Amerika, Europa und Australien machen. Mal mit größerer, mal mit kleinerer Besetzung, auch ein Bläserensemble ist dabei. Die Kameraführung finde ich wirklich gelungen, man ist als Zuschauer ganz nah an den Künstlern und den Instrumenten. Martin Grubinger ist natürlich der Star, der Solist und Leiter des Ensembles, aber er steht durchaus nicht dauernd im Mittelpunkt. Die allesamt erstklassigen Musiker werden sehr schön mit ihren Fähigkeiten in Szene gesetzt, musikalisch und bildlich. Und irgendwie gelingt es der Kamera, auch farblich die Musik einzufangen.
Das Stück von Keiko Abe „The Wave“ ist aus dem Jahr 2000 und für Marimba sowie vier Percussionisten komponiert, ein Wechsel von rasanten Rhythmen und lyrischen Passagen. Der Grieche Iannis Xenakis ist mit „Okho“ von 1989 vertreten mit afrikanischen, archaischen Impulsen, aus einem einfachen Rhythmus entsteht ein „sich immer weiter verzweigendes Stimmengeflecht, dass am Schluss „quasi unsisono“ wieder zusammenfindet“ (aus dem Begleitheft). „Ghanaia II“ ist vom Würzburger Komponisten Matthias Schmidt und entführt in die Welt Afrikas, ist eine Hommage an die Rhythmen Ghanas und an die Menschen der Region, die diese Musik seit Jahrhunderten leben. Dieses Werk hat Martin Grubinger neu arrangiert, so dass aus dem ursprünglichen Marimba-Solostück ein Werk für weitere afrikanische Instrumente wird, bei dem „Melodie und Rhythmus zu einem visuellen Klangerlebnis werden“ (aus dem Begleitheft). Hier wird wirklich Musik auch visuell erfahrbar. Das Stück „Moods for interaction“ des Australiers Rod Lincoln aus dem Jahr 1985 wurde erweitert für großes Blechbläserensemble, Klavier und fünf Percussionisten. Und hier kann man dann Interaktion erleben. Das macht Spaß und reißt mit, genauso wie „Just kiddin“ von Michel Camilo von 1985, ein „Fusionspaket aus Modern Jazz und afrokaribischen Rhythmen“ (aus dem Begleitheft).
Das letzte Stück ist an Virtuosität nicht mehr zu überbieten: „Mit nur zwei Sticks lässt er in seinem Stück „Planet Rudiment II“ (2006) um die tausend Schläge pro Minute herunterprasseln“ (aus dem Begleitheft).
Fazit
Hörens- und sehenswert! Martin Grubinger sagt zu seiner Art Musik zu machen: „Sich auf dem Konzertpodium am Limit des Machbaren zu bewegen, in den Tiefen verschiedenster Kompositionen zu schürfen, das schier Unhörbare und das beinahe Schmerzverursachende gegenüberzustellen, sich im polyrhythmischen Kosmos zu verlieren – so wird Musik zur Bewusstseinserweiterung.“ (aus dem Begleitheft)
Wer Martin Grubinger und seine Mitstreiter einmal erlebt hat, kann ihm nur zustimmen.
Zum Schluss
Darüber hinaus imponiert mir sein gesellschaftliches Engagement mit seiner deutlichen Positionierung gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit, ganz grundsätzlich, aber auch speziell in Österreich.
WDR/Deutsche Grammophon - 2011 - DVD
1060
Sautet, Claude
Eine einfache Geschichte / Une histoire simple
Produzent: Horst Wendlandt
Darsteller: Romy Schneider, Bruno Cremer, Claude Brasseur
Regie: Claude Sautet
Inhalt
Marie (Romy Schneider), 39 Jahre alt, von Beruf Modezeichnerin, ist von ihrem Freund Serge (Claude Brasseur) schwanger. Sie hat schon einen 16jährigen Sohn, Martin, aus ihrer gescheiterten Ehe mit Georges (Bruno Cremer). Sie ist sich nicht sicher, ob sie dieses neue Kind will, stellt die Beziehung zu Serge grundsätzlich in Frage. Eine Rolle spielt wohl auch, dass sie auf die Lebensmitte zugeht und sich fragen muss, was sie mit sich und ihrem Leben bislang gemacht hat und wie es weitergehen soll. Eine engere Bindung hat sie zu ihren Freundinnen, die gleichzeitig auch ihre Arbeitskolleginnen sind, besonders zu Gabrielle. Diese ist verheiratet mit Jérôme (Roger Pigaut), der einen Selbstmordversuch unternimmt, als ihm seine Entlassung ankündigt wird.
Marie möchte Jerome helfen und trifft sich mit ihrem Ex-Mann, der im Unternehmen eine einflussreiche Stellung innehat und Jérôme evtl. helfen kann. Georges verspricht, sich für ihn einzusetzen. Serge wiederum reagiert auf dieses Treffen eifersüchtig und wird handgreiflich, was zum Ende der Beziehung führt. Bei einer späteren Zusammenkunft Maries mit Georges stellt sich heraus, dass sie beide noch Gefühle füreinander hegen. Sie treffen sich wieder und beginnen eine Liebesaffäre, obwohl er anderweitig gebunden ist. Diese Treffen bleiben nicht ohne Folgen für Marie. Sie wird wieder schwanger, entschließt sich aber, das Kind zu behalten. Sie sagt Georges nichts von ihrer Schwangerschaft, lässt ihn gehen, als sie merkt, dass er an seiner Freundin mehr hängt, als ihm bewusst war. Doch das Ende ist zugleich ein neuer Anfang.
Ich sah den Film bei seiner Erstaufführung im Kino und konnte ihn nicht vergessen. Es heißt, Romy Schneider habe sich von Claude Sautet, ihrem Lieblingsregisseur, eine Frauengeschichte gewünscht, weil sie von den ewigen Männergeschichten die Nase voll hätte. Es ist eine einfache Geschichte, wie der Titel sagt: Eine Frau, geschieden, wird schwanger, will das Kind nicht, eine Beziehung scheitert, sie trifft ihren Ex-Mann wieder, die alte Liebe lebt auf, aber sie hält nicht. Was bleibt am Ende? Der Film ist in gewisser Weise simpel, wie das Leben selbst. Aber er lässt einfach nicht los. Es liegt natürlich auch an Romy Schneider. Ich fand sie noch nie so schön, die Kamera liebt sie, zeichnet sie warm und weich, sensibel und zärtlich. Ihre Marie ist einerseits stark, dann wieder schwach, selbstbewusst und zweifelnd zugleich, in sich zerrissen wie Romy Schneider selbst. Ihre Schauspielkollegen sind ihr ebenbürtig. Es ist ein schöner, rundum feiner, leiser, melancholischer, aber nicht freudloser Film, der seine Protagonisten ernst nimmt, sie sehr genau zeichnet und zeigt, nichts beschönigt, doch auch nichts verzerrt.
Fazit: Auch nach so vielen Jahren fasziniert der Film mich noch immer. Er ist aktuell, weil er eine Geschichte aus dem Leben erzählt, wie sich heute auch ereignen könnte. Und weil Romy Schneider unbeschreiblich schön anzuschauen ist. Das allein ist den Film wert, für den sie ihren zweiten César bekam. Der Film war auch für einen Oscar nominiert, der dann aber an die „Blechtrommel“ ging.
Frankreich/Deutschland - 1978 - DVD
1013
Shakespeare, William
Viel Lärmen um nichts
Regie: Otto Schenck
Boy Gobert, Christine Ostermeier, Ewald Balser
Eine Lieblingsinterpretation
Ich bin froh, diese Aufnahme auf DVD zu haben, endlich. Sie ist - obwohl schon älteren Datums - immer noch sehenswert. Alle Akteure spielen frisch und lebendig. Und schön, schon lange verstorbenen, großen Schauspielern wie Ewald Balser wieder zu begegnen. Diese Komödie Shakespeares war immer meine liebste, ebenso Benedikt und Beatrice mein eigentliches Liebespaar. Boy Gobert und Christine Ostermeyer sind wunderbar in diesen Rollen. Die Inszenierung nahezu modern im Bühnenbild und auf das Wesentliche konzentriert.
Edition Burgtheater - 1975 - DVD
1059
Sting
Sting live in Berlin
Dirigent: Steven Mercurio
The Royal Philharmonic Concert Orchestra
Mitwirkende:
Sting, Vocals, Guitar
Dominic Miller, Guitar
Jo Lawry, Vocals
Ira Coleman, Bass
Rhani Krija, Percussion
David Cossini, Percussion
Special Guest: Branford Marsalis, Saxophone
CD und DVD
Ich war kein Sting-Fan, kannte aber natürlich "Englishman in New York", „Roxanne“ und Lieder von "Police", hatte "If on a winters night" auf ARTE gesehen und von seiner John-Dowland-Interpretation gehört. Nachdem ich an Sylvester 2010 das Konzert auf ARTE gesehen hatte, musste ich die DVD haben. Da ging nichts dran vorbei. Seitdem habe ich jede Menge anderer CD's und DVD's erstanden. Ich mag seine Ausflüge in die Klassik und auch alte Musik, er arbeitet mit anderen Klasse-Musikern zusammen (Branford Marsalis, Dominik Miller, Jo Lawry, das Orchester etc.)
Mir gefällt vor allem, wie unaufgeregt und ruhig er auftritt in Berlin, konzentriert und außerordentlich intensiv in seiner Interpretation. Das ist ein Fest für die Musik. Ich mag gar keine Titel im einzelnen nennen, aber "Englishman in New York", „Fragile“ sind natürlich Highlights und gehören zu meinen Lieblingen. Branford Marsalis und Dominik Miller sind da unverzichtbar. Und Jo Lawry als Sängerin ist klasse.
Andere Endeckungen sind: „Moon over Bourbon Street“ - schön unheimlich, oder „You will be my ain true love“ - traurig, zärtlich, sehnsüchtig. Aber auch die weiteren Songs finde ich gelungen in ihrer Bearbeitung und Umsetzung. Und alle haben - neben der sicherlich harten Arbeit - eine Menge Freude an ihrem Tun. Das ist wirklich inspiriert und das überträgt sich auch die Zuhörer und Zuschauer. Das möchte ich öfter haben.
Es gibt eine DVD und eine CD mit Titeln, die beim Konzert nicht aufgenommen werden konnten.
Deutsche Grammophon - 2010 - DVD
1014
Strauss, Richard
Ariadne auf Naxos
Dirigent: Daniel Harding
Wiener Philharmoniker
Jonas Kaufmann (Bacchus), Emily Magee (Ariadne), Elena Mosuc (Zerbinetta), Peter Matic (Haushofmeister), Cornelius Obonya (Monsieur Jourdain), Roberto Saccà, Regina Fritsch, Michael Rotschopf und Stefanie Dvorak
Sieg der Liebe und Phantasie über Trauer und Trübsal
Eins vorweg:
Ich kenne die Musik von Richard Strauß nicht so gut, habe mich bislang nicht mit ihr besonders beschäftigt. Er ist halt schon recht modern (was immer das ist). Die Aufführung spielt auf zwei Ebenen: Im Wien Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts und im Griechenland der mythischen Zeit.
Inhalt
Eine Frau verliert ihren Mann an den Tod, will ihm nach sterben bzw. sich ganz dem Leben verschließen. Aber da gibt es einen anderen Mann, der sie liebt und sie dem Leben und der Liebe zurückgeben möchte. Wie er das macht, das zeigt die Aufführung im ersten Teil der DVD und da kommt Molieres Bürger als Edelmann ins Spiel.
Der erste Teil ist für diese Inszenierung neu eingerichtet worden. Die Rahmenhandlung mit der trauernden Witwe und dem sie liebenden Mann ist zusammengestellt aus Texten von Hugo von Hofmannsthal, dem bevorzugten Librettisten von Richard Strauß. Darin eingebettet Molieres Bürger als Edelmann.
Im zweiten Teil wird dann die eigentliche Oper, Ariadne auf Naxos, aufgeführt. Auch hier geht es um eine Frau, Ariadne, die sich in der Trauer um den untreuen Theseus verzehrt. Er hat sie verlassen und sie will sterben, wartet auf Hermes, den Götterboten, der sie ins Totenreich führen soll. Ihre Gefährtinnen und eine Komödiantentruppe mit Zerbinietta an der Spitze versuchen, sie aufzuheitern. Aber das misslingt kläglich. Doch schließlich erscheint an Hermes' Stelle ein ganz anderer, ein junger Gott, der seine eigene Geschichte mit einer Zauberin hat. Auch er ist auf der Flucht vor der Liebe. Wie dann beide zusammenkommen, das ist sehr schön anzusehen.
Ein faszinierendes Spiel im Spiel
Eigentlich muss man die Geschichte gar nicht kennen. Einfach einlassen auf das Ganze und sich daran erfreuen. Ich habe die Oper/das Schauspiel von Anfang bis Ende genossen. Es ist eine absolut stimmige Inszenierung, eine Liebeserklärung an das Theater und die Oper, an die Schauspieler und Sänger, und nicht zuletzt an das Leben.
Ich habe selten eine so gelungene Aufführung gesehen und gehört. Es macht einfach unendliche Freude und Spaß, an dem Ganzen teilzuhaben. Es ist so fein gewoben und die Verführung funktioniert so schön, man wird in das Spiel hineingezogen und lässt sich gerne ziehen. Ich möchte das Theaterstück im ersten Teil nicht missen. Es hat mir geholfen, in das Geschehen hineinzukommen. Umso besser hat es für mich im 2. Teil dann funktioniert. Denn die Rahmenhandlung hilft, die Oper besser zu verstehen.
Worum es geht
Es geht doch um den Sieg der Liebe und der Phantasie über Leid, Trauer und Tod, um die Verführung zum Leben. Und das alles ist mit so lustigen und bunten Einfällen garniert, das ganze Ensemble agiert mit solcher Spielfreude, dass man wie ein Kind, dem eine Wundertüte überreicht worden ist, in die Hände klatscht.
Die Aufführung zeigt auch die Macht des Theaters, der Verwandlung (darum geht es doch). Man weiß um die Illusion, die Phantasie, um das Spiel im Spiel im Spiel (stimmt so, es sind ja verschiedene Spiele auf verschiedenen Ebenen), es ist alles komisch und dennoch ernst, berührend und verwirrend zugleich, ein Tanz des Lebens. Mit allem Ernst, allem Pathos und aller beides überwältigenden Komik, die sich selbst und die Mitspieler auf den Arm nimmt, die aber nie herabsetzend wirkt, sondern Mitgefühl für die Leidenden zeigt. Die Trauer, das Leid wird nicht vergessen oder verdrängt, sondern verwandelt. Ein Stück voller Weisheit, Zärtlichkeit und Anmut und einfach zauberhaft.
Jonas Kaufmann ist ein wunderbarer Bacchus, halb verschreckter Knabe und dann wieder mächtiger, seiner selbst bewusst werdender Gott. Und alle anderen spielen und singen, dass man ihnen einfach nur zurufen möchte: Nicht aufhören, weitermachen. Bravo. Und das gilt auch dem Regisseur Sven Eric Bechtolf. Danke für dieses wunderschöne Erlebnis.
Sony Classical - 2014 - DVD
1049
Wilde, Oskar
Ernst sein ist Alles
Regie: Oliver Parker
Darsteller: Colin Firth, Rupert Everett, Reese Witherspoon, Frances O'Connor, Judy Dench
(The importance of being earnest)
Inhalt
Algernon (Algy) Moncrieff und Jack Worthing sind Freunde und leben in England zur Zeit Queen Victorias. Wenn Jack das Leben auf seinem Landgut zu langweilig wird, fährt er nach London, um sich dort mit Algy zu amüsieren. Da Jack zuhause als sehr korrekt und seriös bekannt und zudem Vormund seiner Nichte Cecily ist, erfindet er mit Hilfe seines Freundes eine zweite Identität, eine Person namens Ernest, zu Deutsch Ernst. Bei einem seiner Besuche verliebt sich „Ernest“ in Algys Cousine Gwendolen. Deren Mutter wiederum ist von dieser Entwicklung not amused, insbesondere als sich herausstellt, dass Jacks Herkunft mysteriös und eventuell nicht standesgemäß ist. Algy wiederum verliebt sich in Cecily, was Jack nicht akzeptieren kann, weil er genau um den Lebenswandel seines Freundes weiß und wie dessen Liebesbeteuerungen einzuschätzen sind. In der weiteren Entwicklung der Geschichte stellen sich die Scheinexistenzen und Notlügen als zunehmend hinderlich heraus, zumal beide Herren sich ihren Liebsten unter dem Namen „Ernest“ nähern. Wie aus dem ganzen Schlamassel herausfinden? Das ist gar nicht so einfach.
Der Film geht auf ein Theaterstück gleichen Namens von Oscar Wilde zurück. Im Englischen klingen earnest (seriös, ernst) und Ernest als Name gleich wie auch im Deutschen „ernst sein“ und „Ernst“. Der Titel in der deutschen Übersetzung war immer etwas schwierig, aber hier fand man eine gute Lösung. Ob als Theaterstück oder als Film ist es eine rundum gelungene, federleichte, aber durchaus tiefgründige Komödie. Sie war Wildes größter Erfolg, dem dann traurigerweise sein tiefer Absturz folgte mit dem Prozess, den der Vater seines Liebhabers gegen ihn anstrengte und der sein Leben ruinierte. Der Einzelne mit seinen Vorstellungen vom Leben und die Gesellschaft, die dem entgegenstehen, war immer Oscar Wildes Thema. Seine Helden haben immer einen oder mehrere Flecke auf ihrer Vita, sind Außenseiter und brauchen die Absolution oder zumindest das Verständnis der Gesellschaft ihrer Zeit, die außerordentlich restriktiv und abgeschlossen ist. Die jeden ausschließt, der nicht mit ihren Vorstellungen und Werten übereinstimmt, so absurd sie manchmal sein können. Wildes Helden und Heldinnen erfahren Absolution, er selbst leider nicht. Doch bis heute ist „The importance of being earnest“ sein großer Erfolg.
Der Film ist klasse gemacht, die Darsteller sind ebenso klasse. Ihn anzuschauen ist reines Vergnügen. Intelligent, witzig, spritzig. Und eigentlich, trotz der Kulissen, gar nicht von gestern. Denn auch für die Heutigen bleibt ja die Frage: Wie „earnest“ sind wir, und wie viel „Ernest“ steckt in uns selbst? Der Film ist deutsch synchronisiert oder kann auf Englisch mit und ohne Untertitel angeschaut werden.
USA/GB/F - 2002 - DVD
1076
Die Züricher Verlobung
Regie: Helmut Käutner
Hauptdarsteller: Lilo Pulver, Paul Hubschmid, Bernhard Wicki
Die Züricher Verlobung
Deutschland, 50er Jahre. Juliane (Lilo Pulver), genannt Julchen, ist Drehbuchautorin, hübsch, nicht auf den Mund gefallen, selbstbewusst, wenn auch manchmal skeptisch, was ihre Zukunft betrifft. Da ist zum einen die Arbeit, die nicht immer so gut läuft, da ist zum anderen ihr Dauerfreund, den sie aber nicht mehr liebt. Was soll sie tun? Ihn verlassen? Sie braucht Abstand und besucht ihren Onkel (Werner Finck), einen Zahnarzt, in seiner Praxis. Weil seine Sprechstundenhilfe ausfällt, springt Juliane ein. Bei einer Notfallbehandlung lernt sie Jean (Paul Hubschmid) kennen, einen Schweizer, der seinen Freund, Büffel genannt, (Bernhard Wicki) begleitet. Dieser leidet unter schrecklichen Zahnschmerzen und ist dementsprechend schlecht gelaunt, ja aggressiv. Juliane verliebt sich auf der Stelle in den charmanten Jean und lässt seinen Freund abblitzen, den sie ganz furchtbar findet.
Sie schreibt über dieses Erlebnis ein Drehbuch mit einem romantischen Happy End. Dieser Stoff wird von einem Filmstudio angenommen und sie eingeladen, mit dem Regisseur des Filmes zusammen an dem Drehbuch zu arbeiten. Bei diesem Treffen muss sie feststellen, dass ausgerechnet der unausstehliche Büffel der Mann ist, mit dem sie zusammenarbeiten muss. Und nun geraten die Dinge in Bewegung, zumal Juliane einiges an Erfindungskunst braucht, um mit den sich überstürzenden Ereignissen zurecht zu kommen. Ihre Gefühle geraten ebenso durcheinander, denn sie trifft Jean wieder und das romantische Ende scheint gesichert. Aber, wie das Leben so spielt, erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.
Der Film macht auch nach so vielen Jahren einfach Spaß. Für mich ist er einer der intelligentesten Komödien, die je in Deutschland gedreht worden sind. Er kann es mit den amerikanischen Screwball-Filmen jederzeit aufnehmen: Er ist voller Sprachspiele und Dialogwitz, liebevoll ironisch wird die Filmindustrie der 50er Jahre auf den Arm genommen. Die Schauspieler gehen in ihren Rollen auf. Lilo Pulver ist einfach hinreißend und berührt mit ihrer jugendlichen Unbekümmertheit ebenso wie mit ihren zunehmend hilfloser werdenden Versuchen, sich den teilweise selbst gelegten Fallstricken zu entwinden. Bernhard Wicki darf einmal einen positiven Helden spielen, humorvoll sein, dabei ernsthaft, darf poltern und doch liebenswert sein. Paul Hubschmid wiederum spielt souverän mit seinem Image als romantischer Frauenheld. Der Film ist bis in den die Nebenrollen sorgfältig besetzt. Helmut Käutner hat den Roman von Barbara Noack liebevoll umgesetzt und dabei eigene Akzente gesetzt, die, wie ich finde, dem Ganzen sehr gutgetan haben.
Fazit: Überaus sehenswert, liebenswert und nur zu empfehlen gegen Melancholie-Attacken und Lachdefizite.
Bundesrepublik Deutschland - 1957 - DVD
1075
Is' was, Doc?
(Original-Filmtitel „What’s up, Doc?”)
Is' was, Doc?
Wie soll man den Inhalt dieses Filmes beschreiben? Er ist ein einziges Chaos, das Barbra Steisand als verliebte junge Judy anrichtet. Kein Stein bleibt auf dem anderen bei ihren Versuchen, den geliebten zerstreuten Professor Howard Bannister (Ryan O’Neal) für sich zu gewinnen: Ein Hotelzimmer fängt Feuer, ein festliches Dinner läuft aus dem Ruder, Autos fahren über Bord und Stein, ohne Rücksicht auf Mensch, Tier und Fensterscheiben sowie chinesische Drachen, Gangster und Spione geraten durch- und aneinander, ein Richter weiß nicht mehr weiter, der Professor verliert nicht nur die Nerven, sondern auch sich selbst. Und über allem steht die verliebte Studentin, die gar nicht so recht das Chaos, das sie anrichtet, wahrnimmt. Sie konzentriert sich ganz auf ihre Liebe und ihr Ziel, den Professor.
Selten macht eine Verwüstungsorgie so viel Spaß. Der Film ist irre witzig, rasant, voller Dialogwitz, intelligent und selbstironisch – er vereinigt alles in sich, was eine Screwball-Comedy ausmacht, hat alle ihrer Tugenden und keinen Fehler – jedenfalls in meiner Wahrnehmung.
Der Regisseur Peter Bogdanovich nimmt die Zuschauer mit auf eine rasante Reise in die Welt der klassischen Hollywood-Komödien („Leoparden küsst man nicht“ mit Katherine Hepburn und Cary Grant lässt grüßen), spielt souverän mit den Vorlagen und am Ende gibt es nur ein Bedauern: Dass der Film zu Ende ist. Is‘ was, Doc? Immer wieder.
USA - 1972 - DVD
1050
Marias letzte Reise
Regie: Rainer Kaufmann
Darsteller: Monika Bleibtreu, Nina Kunzendorf, Michael Fitz, Günther Maria Halmer, Nikolaus Paryla u.a.
Inhalt
Maria (Monika Bleibtreu) ist 71 Jahre alt, Bäuerin und schwer krebskrank. Sie weiß, dass sie sterben wird und ihr die Chemotherapien nicht mehr helfen können, die sie aber noch zusätzlich schwächen würden. Sie will in Würde sterben. Deshalb besteht sie darauf, nach Hause zu kommen in ihr gewohntes Umfeld in Oberbayern, in ihre Welt mit ihren Blumen, Bäumen und Büchern. Nach anfänglichem Widerstand erlaubt ihr der Chefarzt der Klinik (Günther Maria Halmer), nach Hause zurückzukehren. Da ihr Sohn Simon (Michael Fitz) sich um den Hof kümmern muss, schickt der Arzt seine fähigste Krankenschwester als ihre Betreuerin mit. Andrea (Nina Kunzendorf) ist zu Anfang alles andere als für diese Lösung. Sie bevorzugt die traditionelle Behandlungsmethode. Gegen die starrköpfige Maria allerdings ist kein Aufkommen. Nach und nach lernt Andrea, sich auf ihre Patientin einzustellen und ihre Belange und Bedürfnisse zu respektieren, ja zu akzeptieren. Sie lässt sich sogar auf die alternativen Behandlungsmethoden des Heilpraktikers Dr. Wu ein (Nikolaus Paryla) und sucht Hilfe bei einem Hospiz, wo sie lernt, wie ihre Patientin zuhause gepflegt und mit Medikamenten schmerzfrei gehalten werden kann. Maria wiederum hat noch etwas zu erledigen: Ihre beiden Söhne sind zerstritten und gerade dem stets um sie bemühten Simon hat sie nicht die Liebe gezeigt, auf die er so wartet. Andrea wird zu ihrer Sterbebegleiterin, die lernt, ihr Leben in ihre eigenen Hände zu nehmen und ihr Glück zu suchen und zu finden.
Ich sah den ursprünglich für das Fernsehen (ARD/BR) produzierten Film bei dessen Erstausstrahlung. Über die Jahre habe ich ihn nie vergessen. Wenn er wiederholt wurde, schaute ich ihn mir wieder an. Als die DVD erschien, kaufte ich sie mir. Einen solchen Film sieht man nicht alle Tage. So tief der Film berührt, so wenig sentimental ist er und auch nicht ohne Humor. Maria ist starrköpfig, knorrig und doch liebenswert. Sie lässt sich nicht von ihrer Überzeugung abbringen, zuhause sterben zu wollen. Monika Bleibtreu spielt sie unglaublich überzeugend und intensiv. Ihr Sohn Moritz Bleibtreu sagte in einem Interview einmal, als er den Film gesehen habe, sei er tief erschrocken gewesen. Nur vier Jahre später, in 2009, starb sie an Krebs. Im Nachhinein ist es fast, als spiele sie ihren eigenen Tod.
Nina Kunzendorf als ihre zunächst widerspenstige, dann sehr loyale Pflegerin, ist ebenso beeindruckend. Sie überzeugt in ihrem Widerstand genauso wie in ihrer zunehmenden Zustimmung zu Marias Wünschen. Und in der Szene nach dem Tod Marias erscheint sie mir wie ein Todesengel, ein sehr liebevoller Engel, den man sich an seiner Seite wünscht, wenn es für einen selbst einmal so weit sein sollte. Sie zeigt aber auch, wie tief ein Mensch in diesen Prozess hineingeraten kann und sich auf ihn einlassen muss. Sie steht auf der Schwelle des Todes, zwischen Tod und Leben. Das ist für Augenblicke ihre eigene tiefe Einsamkeit, die sie auszuhalten hat und aushält, um dann wieder ins Leben zurückzufinden. Im Mitsein mit Maria in ihrem Sterben und Tod findet sie zu ihrem eigenen Leben.
Ein großer Film mit wunderbaren Darstellern, einem überaus sensiblen Drehbuch und einer behutsamen Regie. Alles stimmt hier, kein falscher Ton, keine falsche Bewegung. Der Film und die an ihm Beteiligten bekamen völlig verdient viele Preise. Natürlich ist die Beschäftigung mit Sterben und Tod nicht leicht. Es sind keine leichten Themen. Aber sie sind wichtig und hilfreich für das eigene Leben. Ein Film wie „Marias letzte Reise“ zeigt dies.
Deutschland - 2005 - DVD
1052
The Impressionists
Regie: Tim Dunn
Darsteller: Richard Armitage, Charlie Condou, Aden Gillett, Andrew Havill, Amanda Root u.a.
Inhalt
Der Film zeigt die Schwierigkeiten, mit denen die Maler, die wir heute als Impressionisten kennen und schätzen, zu kämpfen hatten. Der alte Claude Monet erzählt einige Zeit vor seinem Tod einem jungen Interviewer sein Leben und das seiner Mitstreiter Pierre-August Renoir, Frédéric Bazille, Éduard Manet, Edgar Degas und Paul Cézanne. Wie sich kennenlernten, welche Ideale und Träume sie hatten, wie die Gesellschaft sie einschätzte. Allen voran der berühmt-berüchtigte Marquis de Chevennières. Er fühlt sich einer akademischen Kunst verpflichtet, die auch der Ehre des Staates dient (und ihrem Herrscher). Malen in der Natur, dem Licht, der eigenen Intuition oder dem Augenblick verpflichtet, lehnt er kategorisch ab. Und damit all diese neumodischen Maler wie Claude Monet und die anderen. Der Film erzählt von den beruflichen und den privaten wie auch den finanziellen Schwierigkeiten der Maler, wie sie versuchten, außerhalb des anerkannten Kunstbetriebs ihren Weg zu finden bis hin zu anfänglichen Erfolgen.
Die BBC-Produktion besticht durch sorgfältige Recherche und Ausstattung. Die Geschichte der Impressionisten in Frankreich wird anhand der o.g. Maler in drei Episoden á ca. einer Stunde dargestellt. Die Leistungen der Schauspieler sind überzeugend, allen voran Richard Armitage als junger Claude Monet. Die Freundschaft mit Renoir und Bazille wird sehr schön geschildert, auch die Beziehungen zu Manet, Degas und Cézanne. Die Künstler, wiewohl manchmal Konkurrenten, halten an diesen Freundschaften fest und helfen sich gegenseitig. Die Beziehungen der Maler zu ihren Modellen mit all ihren Implikationen und Problemen werden aufgezeigt, z.B. bei Monet, der seine spätere Frau gegen den Willen seiner Familie heiratet und damit deren finanzielle Unterstützung verliert, auch die spätere Beziehung zu Alice Hochedé wird erzählt. Cézannes Schwierigkeiten mit sich selbst und seiner Umwelt kommen in den Blick, wie auch bei allen anderen.
Vor allem aber überzeugt die Vorgehensweise des Filmes, immer wieder die Motive und Landschaften der Maler zu zeigen und anschließend das Bild: Motiv, Komposition und das fertige Bild, wie wir es heute kennen. Das ist absolut faszinierend, oft ein einziger Farbenrausch. Man lernt die Maler einmal ganz anders kennen und vor allem ihre Werke.
Absolut sehenswert, nicht nur einmal, sondern immer wieder. Leider ist der ganze Film nur auf Englisch. Es gibt keine Untertitel. Ich verstehe ganz gut Englisch, aber auch nicht alles. Doch aus dem Kontext kann man einiges herleiten. Und die Landschaften, die Kunstwerke und die Farben sind großartig. Man sieht im Film, was Impressionismus ist und wie er entstanden ist. Das kann man sozusagen live erleben. Das ist unglaublich.
BBC - 2006 - DVD
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