Im Original lautet der Buchtitel „Iland oft he missing trees“. Der Titel scheint mir treffender, obwohl es durchaus um Feigenbäume und dabei ganz besonders um einen bestimmten geht. Er erzählt die Geschichte von Defne und Kostas, einem Liebespaar, das in jungen Jahren getrennt wird und erst viele Jahre später wieder zusammenkommt. Sie ist türkische Muslima, er griechischer Christ. Sie leben auf Zypern in den 1970er Jahren und später in London.
Der Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen griechischen und türkischen Nationalisten in den 70er Jahren führt zur Teilung der Insel, die bis heute andauert. Sie bringt Unglück über die Menschen, sät Feindschaft zwischen den Bevölkerungsgruppen, trägt aber auch zu Verwüstung und Zerstörung der Kultur, der Landschaft, der Natur bei. Was das bei den Menschen anrichtet und wie sich das alles auf die Nachfahren auswirkt beschreibt Elif Shafak in ihrem neuesten Roman, der auf verschiedenen Zeitebenen angesiedelt ist: London der Gegenwart, Zypern der 70er und 90er Jahre.
Die Tochter von Defne und Kostas, Ada, soll unbelastet von der traurigen Vergangenheit leben und als Britin aufwachsen. Aber so einfach ist das nicht. Denn, so Elif Shafak, die traumatischen Erfahrungen der Älteren leben in den Jungen weiter. Schweigen, wie das Adas Eltern tun, ist keine Lösung. Das zeigt sich bei ihrer Tochter, in der sich die Trauer ihrer Eltern ansammelt, und die eines Tages in der Schule aus ihr herausbricht und Ada minutenlang schreien lässt.
Das einzige, was hilft, ist: Sich der Vergangenheit stellen und miteinander reden. Schweigen zementiert die Probleme. Die Jungen müssen von den Älteren erfahren, was und wie sie das alles erlebt haben. Nur so ist Verstehen möglich. Reden, Zuhören und Verstehen.