Im Vorwort ihres überaus lesenswerten Buches weist Anka Muhlstein auf ein Problem hin, mit dem sich vor allem Frauen bzw. Königinnen in der Zeit der absoluten Monarchie konfrontiert sahen. Einerseits gehört es zur Monarchie, dass die Herrscher heiraten müssen. Denn ohne Ehe gibt es keine legitimen Nachkommen und also endet die jeweilige Dynastie. Eine Ehe bedeutete für einen Herrscher keinerlei Machtverlust, einer Herrscherin drohte aber genau dies: „Für eine gekrönte Herrscherin bedeutet die Heirat zunächst einmal, daß sie ihre Unabhängigkeit beeinträchtigt. Für alle, die heiraten, gilt, daß sie sich einem Herrn und Gebieter unterwerfen. Der Begriff des Prinzgemahls ist eine moderne Vorstellung. Der Mann der Königin ist im 16. Jahrhundert „der König“. Zwangsläufig wird er zum herrschenden Teil des Paares.“ Weitere Minuspunkte für eine Königin, die selbst herrschen will, sind die Risiken, die ein ausländischer, aber auch ein inländischer Ehemann mit sich bringen in Bezug auf Machtansprüche fremder Mächte bzw. Streitigkeiten unter den Adeligen des eigenen Landes. Und die Gefahren einer möglicherweise tödlich endenden Schwangerschaft waren überaus real.
Was also tut eine Frau, die wirklich Königin sein will, in dieser Zeit? Welches sind ihre Möglichkeiten? An den so gegensätzlichen Frauen wie Elisabeth I. von England und Maria Stuart, Königin von Schottland, erzählt Anka Muhlstein die unterschiedlichen Biographien und Strategien beider Königinnen. Elisabeth war zweifellos von beiden die intelligentere und mit außerordentlich politischem Verstand ausgezeichnet. Sie bewahrte sich die Macht und lieferte sich keinem Mann aus. Ganz anders Maria Stuart. Ihre skandalträchtigen Ehen und Beziehungen sind legendär. Elisabeth wurde zu ihren Lebzeiten allseits verehrt und ihre Fähigkeiten und Verdienste um England sogar zunehmend auch von ihren Feinden anerkannt. Maria Stuart genoss aufgrund ihres skandalösen Lebenswandels keinerlei Ansehen zu Lebzeiten.
Doch mit der Zeit veränderten sich die Sichtweisen: Maria wurde romantisiert, sie war eine richtige, weil leidenschaftliche Frau. Sie entsprach viel mehr einem Frauenbild, das die Frau als schwach und von ihren Leidenschaften beherrscht sieht. Elisabeth galt nach dieser Sichtweise viel weniger als Frau denn als Mann. Ob Friedrich Schiller, Walter Scott oder Stefan Zweig – sie alle trugen zur Aufwertung Maria Stuarts und zur Abwertung Elisabeths bei,teilweise unter Außerachtlassung der historischen Fakten.