Mario Vargas Llosa, geboren 1936 in Arequipa/Peru ist einer der führenden lateinamerikanischen Schriftsteller. Er arbeitet u.a. als Journalist und Essayist. Seit 1993 hat er auch die spanische Staatsbürgerschaft. Von Jugend auf betätigt er sich politisch, war Vorsitzender einer neuen liberalen Partei in Peru. 1990 bewarb er sich um das Amt des Präsidenten, unterlag aber in der Stichwahl Alberto Fujimori. 2010 bekam er den Nobelpreis für Literatur. Aufsehen erregte er mit seinem Erstlingswerk „Die Stadt und die Hunde“, in dem er die verschiedenen Orts- und Zeitebenen des Romas permanent nebeneinander reihte, so dass der Leser/die Leserin bei fast jedem Satz überlegen muss, wer wo mit wem spricht. Diese Desorientierung der Leser sollte – so Vargas Llosa – der Desorientierung der handelnden Personen entsprechen. Dieses Stilelement verwendet er mehr oder weniger ausgeprägt in seinen folgenden Romanen, die teilweise dem Genre des Kriminalromans, des Politischen Thrillers, des Historischen Romans oder der Komödie zuzurechnen sind. Seine Lebensgeschichte ist geprägt von seinen Erfahrungen in Peru, der Gewalt innerhalb der Gesellschaft ebenso wie der allgemeinen Korruption auf den verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen. Sein Thema ist auch die teilweise rassistische Gesellschaftsordnung in der Gesellschaft Lateinamerikas.
In diesem Buch verarbeitet Vargas Llosa die eigene Liebesgeschichte. Mit 19 Jahren heiratete er die Schwester einer Schwägerin seiner Mutter, also eine Art Tante. 1964 wurde die (kinderlose) Ehe geschieden, sie hielt also doch 28 Jahre.
Die Geschichte spielt in den 1950er Jahren. Julia, 32 Jahre, Bolivierin, frisch geschieden, kommt nach Lima, um sich einen neuen Ehemann zu suchen. Stattdessen verliebt sich der 18jährige Mario in sie und lässt sich nicht abweisen. Er ist Student der Jurisprudenz, aber nicht sehr interessiert an seinem Fach. Er verdient sein Geld bei einer Radiostation und träumt von einem Leben als Schriftsteller in einem Pariser Dachzimmer. Doch mit der Zeit wird aus der Verliebtheit eine große Liebe, die sich behaupten muss gegen die Familie, die das natürlich versucht zu unterbinden – schon wegen des Altersunterschiedes. Die beiden fliehen und landen nach einer Irrfahrt durch die peruanische Provinz in einem Nest mit einem bestechlichen Bürgermeister. Er traut den Minderjährigen mit der um vierzehn Jahre älteren Tante Julia.
Das ist die eine Ebene des Romans. Es gibt aber da noch einen begeisterten Radiomenschen, der immer neue Reportagen schreibt bzw. für das Radio einrichtet, Pedro Camacho. Er wird zunächst von allen verkannt und gilt als Sonderling. Aber dann macht er doch Karriere mit seinen phantastischen Geschichten, die die Serien verrückten HörerInnen Perus in ihren Bann ziehen.
Das Buch ist nicht politisch ausgerichtet im engeren Sinn, auch wenn an verschiedenen Stellen so etwas wie Gesellschaftskritik durchscheint. Es ist vor allem sehr vergnüglich und spannend zu lesen, voller Überraschungen, insbesondere zu Anfang – bis man das Ganze einigermaßen durchschaut. Der Phantasie sind so gut wie keine Grenzen gesetzt. Die Technik, die Vargas Llosa zu Beginn seiner Schriftstellerdaseins bis zum Exzess durchexerziert hat, ist hier sehr gemildert und das Buch daher viel leichter zu lesen. Und nebenbei lernt man eine ganze Menge über die Radio- und Serienverrücktheit der Lateinamerikaner, die selbst den absonderlichsten und abstrusesten Geschichten noch etwas abgewinnen kann.