Nun, auch Kritiker können sich irren. Für mich war und ist es die beste Hinführung zu Mozarts Klavierkonzerten, die man sich nur denken kann. Von Anfang an begeisterte mich Murray Perahias große Sensibilität, die Ernsthaftigkeit, mit der er auch die Jugendwerke Mozarts anging, und dabei genau dies berücksichtigte: Ihre Frische, ihre Unverbrauchtheit, das überschäumend Jugendliche und doch auch schon die dunklen Töne hörbar zu machen. Klar gespielt, akzentuiert und berückend natürlich. Und später dann das Flirrende, Raffinierte, das in Mozarts Musik auch liegt, das Sinnliche, das Verrückte, das so normal daherkommt, das Nebeneinander von Freude und Leid, von Spaß, Schabernack und tiefem Ernst, Spiel und hoher Kunstfertigkeit, Größe und Einfachheit. Und immer war mir, als würde eine kleine oder große Oper aufgeführt, eine Geschichte erzählt. Die Erkenntnis, dass auch Mozarts symphonische Werke und Konzerte (für Violine oder Klavier oder andere Solo-Instrumente) wie eine Art Opern aufzufassen sind, hat sich u.a. seit Nikolaus Harnoncourts Erkundungen mehr und mehr durchgesetzt und kommt schon in dieser Aufnahme zur Geltung.
Das Schöne an einer Gesamtaufnahme ist, dass man die Entwicklung eines Komponisten/einer Komponistin entdecken kann. Etwas, was schon in den Jugendwerken angelegt ist, das erst viel später ausgeführt wird. Mozart-Kenner werden sicher eine Reihe von Motiven, von Klangfolgen und Themen, die er in anderen Werken verarbeitet oder ausarbeitet, wiedererkennen. Nur ein Beispiel: Im 5. Klavierkonzert, also einem frühen Werk, taucht ein Motiv auf, dass Mozart in seiner „Zauberflöte“ später aufgreift. Es erinnert an die Königin der Nacht (die Worte: alle Bande der Natur). Und da gibt es viele Beispiele mehr.