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Medium Rezension
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Avila, Teresa von
Teresa von Avila - Gesammelte Werke - Weg der Vollkommenheit: 2
Taschenbuch - Sorgfältige Neuausgabe
Mir gefällt an dieser gesamten Neuausgabe (das bezieht sich auf alle Bände) gerade die wissenschaftlich fundierte und modernen Ansprüchen genügende Herangehensweise an die Werke Teresas von Avila, mit großem Respekt und Einfühlungsvermögen. Eine Hilfe zum Verstehen sind auch die Einführungen und Anmerkungen sowie die Übersetzung und Erläuterung verschiedener Begriffe, die Teresa verwendet. Mir gefallen gerade die Fußnoten sehr gut, die immer wieder deutlich machen, in welcher Situation und Position Teresa war, wie vorsichtig sie sein musste im Angesicht der Inquisition, wie beherzt und gradlinig sie war, sich nicht verbiegen ließ. Die Fußnoten helfen, Teresa besser einzuordnen in ihrem Kontext, ihrer Zeit und schlagen Brücken in unsere heutige Welt. Sie sind mir für das Verständnis Teresas sehr wichtig.
Mystische Erhebung und Einsicht in menschliche Schwächen
Dabei wird die Originalität Teresas sichtbar, ihr Humor, ihre Bodenständigkeit bei aller mystischen Erhebung, ihre klare Sicht und Einschätzung eines Lebens im Kloster, die Einsicht in menschliche Beziehungen und ihre Schwächen. Immer wieder betonen die Herausgeber, dass es ihr auf die "Suavidad" (Sanftheit)ankommt, Mäßigung in der Askese zu finden. Sie liebt keine Askese um der Askese willen. Ihr ist wichtig, Menschen gerecht zu werden in ihrer Situation, nicht alle gleichzumachen oder rigoristisch vorzugehen. Auf die Unterscheidung der Geister kommt es an.
Teresa von Avila in ihrer Zeit
Trotz allem Bemühen der Übersetzer und Herausgeber bleibt anzumerken: Es darf nicht vergessen werden, dass es sich um einen Text aus dem 16. Jahrhundert handelt, dessen Sprache erst einmal fremd ist, das Menschen- und Gottesbild dieser Zeit ist von unserer doch sehr verschieden. Andererseits zeigt sich immer wieder, dass Teresa diese Bilder unterläuft und ihre Vorstellung von Gott und Mensch entwickelt.
Wenn man sich durch die "Vida", ihre Lebensbeschreibung, stellenweise gequält hat(wenn auch immer wieder fasziniert über ihre Ehrlichkeit und ihren Mut - und wahrscheinlich war ihre Qual beim Erleben und dann beim Schreiben größer), dann versteht man im "Weg der Vollkommenheit", was sich in der Zwischenzeit bei ihr getan hat. Sie wirkt so viel selbstbewusster und freier, ist oft herrlich ironisch in Bezug auf die Gelehrten, verteidigt ihre Beziehung/Sichtweise zu Gott sehr geschickt, ebenso die Tatsache, dass sie als Frau in ihrer Zeit es wagt zu schreiben. Sie hat ihre Vorstellung von einem Leben mit Gott umgesetzt. Sie ist den Weg des "inneren Betens" gegangen, und das weitestgehend allein, weil die wenigsten in ihrer Umgebung damit Erfahrung hatten. Sie hat dies alles gewagt mit höchstem Risiko gegen den Mainstream der offiziellen Theologie ihrer Zeit. Das verdient alle Bewunderung.
HERDER spektrum - 2003 - Buch
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