Ich hörte zuerst das Buch gelesen von Christoph Maria Herbst. Es war spät am Abend, ich müde. Normalerweise wäre ich darüber eingeschlafen. Aber in diesem Fall ging das überhaupt nicht. Meine Güte, hat mir das Spaß gemacht. Christoph Maria Herbst ist genau der richtige für dieses Buch. Und er macht deutlich – im Verein mit dem Übersetzer Ingo Herzke, dass die deutsche Sprache der englischen in nichts an Ironie, Witz, Hintergründigkeit und Schlagfertigkeit zurücksteht. Das ist große Klasse.
Mrs. Donaldson, seit kurzem Witwe und finanziell nicht wirklich abgesichert, muss schauen, wie sie ihr neues Leben angehen und sich in ihm zurecht finden soll. Sie sucht sich zunächst einen Nebenjob in einem Krankenhaus. Dort spielt sie mit den nötigen Instruktionen versehen unterschiedliche Patientinnen mit ihren jeweiligen Krankengeschichten. Das gelingt ihr zusehends professionell und sie ist beim Personal und dem betreuenden Arzt sehr beliebt, insbesondere bei ihm.
Das finanzielle Problem ist dadurch kleiner geworden, aber es reicht nicht ganz. Und so kommt sie auf die Idee, ein Zimmer ihres Hauses unterzuvermieten an Studenten, misstrauisch beäugt von ihrer verklemmten, gefühlskalten und egoistischen Tochter. Unversehens gerät Mrs. Donaldson aber in sehr interessante, wenn auch – in den Augen ihrer Tochter – unziemliche Situationen. Im Laufe der Zeit lernt sie, auch diese zu bewältigen – wie, das sollten die geneigten Leser am besten selbst herausfinden.
Wie auch in seinen anderen Geschichten breitet Alan Bennett das Szenario von gutbürgerlichen Ehen und Familien aus, in den es die üblichen und teilweise auch schwierigen Geheimnisse gibt. Viele Dinge bleiben unausgesprochen, manches unentdeckt. Und es ist wie immer sehr vergnüglich zu sehen, wie er das macht, welchen Illusionen sich die verschiedenen Mitglieder über das Leben und ihre Mitmenschen hingeben. Einige bleiben völlig ahnungslos. Und sind dann sehr behütet und glücklich, wie Mrs. Forbes. Und der Rest der Familie lebt, wie es ihnen gefällt. Unter einer Bedingung: Es muss alles schön unter der Decke – vor allem da - bleiben. Dann funktionieren auch die schönen und unschönen Lebenslügen.