1017 Goetz, Curt Napoleon ist an allem schuld Regie: Curt Goetz Mitwirkende: Curt Goetz, Valerie von Martens, Paul Henkels, Else von Möllendorf u.a. Komödie - Schwarz-weiß - Der Film ist von 1938, remastered in der Edition filmmuseum München 5. Aufl. 2012 | Er war Theater- und Filmschauspieler, Drehbuchautor, Schriftsteller und Filmemacher. Er gilt darüber hinaus als einer der brillantesten deutschsprachigen Komödienschreiber, geschult an Oscar Wilde, G.B. Shaw, Noel Coward und den amerikanischen Screwball-Comedies Lord Arthur Cavershoot (Curt Goetz) ist, für einen Engländer vielleicht etwas ungewöhnlich, begeisterter Bewunderer Napoleons. Sein ganzes Leben ist dieser Leidenschaft gewidmet und trägt Züge von Fanatismus. Zwangsläufig findet sich seine gesamte Umgebung in diese Leidenschaft unentrinnbar involviert, auch seine Frau, die passenderweise den Namen Josephine trägt (Valerie von Martens). Sie hat sich mit dem Hobby ihres Mannes arrangiert, lebt mehr oder weniger ihr eigenes Leben und hat ihrerseits eine Passion für das Angeln entwickelt. Und da gibt es noch den besten Freund des Hauses, Lord Cunningham (Paul Henckels). Er war und ist in Josephine verliebt und blieb ihr stets in treuer Huldigung verbunden. Lord Cavershoot weiß um diese alte Liebe, ist sich der seiner Frau aber sicher, ebenso wie der Treue des Freundes ihm gegenüber. Soweit so gut. Eines Tages erhält Lord Cavershoot eine Einladung zu einem Napoleon-Kongress nach Paris. Dieser verläuft allerdings ganz anders, als der eher sittenstrenge Lord sich das vorgestellt hatte. Die französische Napoleon-Gesellschaft ist nicht ganz so sittenstreng und bietet abends ein Unterhaltungsprogramm für die Teilnehmer des Kongresses an. Nach einigem Stirnrunzeln beginnt Lord Cavershoot Gefallen an der dargebotenen Revue zu finden. Aber da fällt ihm ein Punkt in einer Reihe von sehr hübschen Mädchen auf, der nicht dahin gehört, wo er sich befindet, nämlich am Ende des Namens Napoleon, verkörpert von Madeleine (Else von Möllendorf), einem sehr jungen Revuegirl. Seine Entrüstung über dieses Ungenauigkeit führt dazu, dass sie ihren Job verliert und nun arbeitslos ist. Als Cavershoot davon erfährt, bekommt er ein schlechtes Gewissen. Und wie dann Madeleine, in der Folge Pünktchen genannt, und Cavershoot zusammenkommen, was passiert (oder auch nicht), wie seine Frau darauf reagiert und vor allem: Wer als Sieger aus dem turbulenten Verwechslungsspiel hervorgeht, dass ist sehr vergnüglich und vor allem sehr intelligent zu sehen. Curt Goetz war es möglich, bis 1938 im Deutschland der Nazizeit zu arbeiten, ohne von ihnen vereinnahmt werden können. Dies hätte man gerne getan, aber er agierte geschickt, was ihm durch seine Schweizer Staatsangehörigkeit erleichtert wurde. Er war überaus beliebt beim deutschsprachigen Publikum, also in Deutschland, Österreich, der Schweiz, vor allem aber in Deutschland. Er hatte mit seiner Frau eine eigene Theatertruppe gebildet, mit der er durch die Lande zog. Für seine Theaterleute fühlte er sich verantwortlich und arbeitete in Deutschland, so lange es ging, zumal er sonst in finanzielle Schwierigkeiten geraten wäre. Der Film Napoleon ist an allem schuld wurde 1938 gedreht. Nach dessen Fertigstellung sah Curt Goetz keine Möglichkeit mehr, in Deutschland aufzutreten bzw. zu arbeiten, ohne von den Nationalsozialisten abhängig bzw. vereinnahmt zu werden. Er folgte einer Einladung aus den USA, wurde dort mit seiner Frau vom Krieg überrascht und kehrte erst 1946 nach Europa zurück. Er lebte in der Schweiz, war aber schnell wieder auf Theatertourneen in Deutschland unterwegs und drehte noch drei weitere Filme: Das Haus in Montevideo, Frauenarzt Dr. Prätorius (auch Regie) und Hokuspokus (Regie: Kurt Hofmann). Was den Napoleon-Film über seine Qualitäten als äußerst gelungene Komödie hinaus interessant macht, das ist seine sublime, ja subversive Kritik am Nazi-Regime. Wieso? Es fällt kein einziges kritisches Wort gegen das Regime, es ist gar nicht Thema. Doch zum einen wählt Curt Goetz einen englischen Lord als Hauptfigur. Den kann man für reichlich exzentrisch halten, was eher nach einer ironisch zu verstehenden abwertenden Haltung England gegenüber aussieht. Andererseits ist Lord Cavershoot aber sehr sympathisch gezeichnet. Und er hat sich, völlig unpassend sozusagen, einen Franzosen, noch dazu Napoleon, zum Helden erwählt, also einen Erzfeind Englands. Den verehrt er bis zum völligen Verschmelzen (zumindest in seinen Träumen) mit seinem Idol. England und Frankreich waren beides keine Lieblinge der Machthaber des Dritten Reiches. Hinzu kommt, dass die Franzosen, leichtsinnig, wie man sie nun mal sehen will, die Napoleon-Manie Cavershoots nicht ganz ernst nehmen und eine Napoleon-Revue inszenieren. Hier tritt nun eine Sängerin auf, die die militärischen Erfolge des großen Franzosen reichlich zusammenstreicht und viel größeres Interesse für seine erotischen Feldzüge zeigt. Dem Militarismus werden sozusagen die Zähne gezogen, er wird veräppelt und das ist natürlich unerträglich für Regime, die ihm huldigen bzw. gerade auf einen Krieg hin arbeiten. Auch wird auf die Begegnung Goethes mit Napoleon hingewiesen, aber in einer Weise, die wiederum als Gesellschaftskritik in Bezug auf Militarismus zu sehen ist. Fazit: Der Film bietet beste, witzig-spritzige Unterhaltung, jede Menge Dialogwitz, Wortspiele und Pointen – eine besondere Spezialität von Curt Goetz. Aus heutiger Sicht ist er einfach immer noch eine sehr intelligent gemachte Komödie. Aber so ganz einfach verhält es sich nicht. Deutschland - 1938 - DVD |