1014 Strauss, Richard Ariadne auf Naxos Dirigent: Daniel Harding Wiener Philharmoniker Jonas Kaufmann (Bacchus), Emily Magee (Ariadne), Elena Mosuc (Zerbinetta), Peter Matic (Haushofmeister), Cornelius Obonya (Monsieur Jourdain), Roberto Saccà, Regina Fritsch, Michael Rotschopf und Stefanie Dvorak | Ich kenne die Musik von Richard Strauß nicht so gut, habe mich bislang nicht mit ihr besonders beschäftigt. Er ist halt schon recht modern (was immer das ist). Die Aufführung spielt auf zwei Ebenen: Im Wien Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts und im Griechenland der mythischen Zeit. Eine Frau verliert ihren Mann an den Tod, will ihm nach sterben bzw. sich ganz dem Leben verschließen. Aber da gibt es einen anderen Mann, der sie liebt und sie dem Leben und der Liebe zurückgeben möchte. Wie er das macht, das zeigt die Aufführung im ersten Teil der DVD und da kommt Molieres Bürger als Edelmann ins Spiel. Der erste Teil ist für diese Inszenierung neu eingerichtet worden. Die Rahmenhandlung mit der trauernden Witwe und dem sie liebenden Mann ist zusammengestellt aus Texten von Hugo von Hofmannsthal, dem bevorzugten Librettisten von Richard Strauß. Darin eingebettet Molieres Bürger als Edelmann. Im zweiten Teil wird dann die eigentliche Oper, Ariadne auf Naxos, aufgeführt. Auch hier geht es um eine Frau, Ariadne, die sich in der Trauer um den untreuen Theseus verzehrt. Er hat sie verlassen und sie will sterben, wartet auf Hermes, den Götterboten, der sie ins Totenreich führen soll. Ihre Gefährtinnen und eine Komödiantentruppe mit Zerbinietta an der Spitze versuchen, sie aufzuheitern. Aber das misslingt kläglich. Doch schließlich erscheint an Hermes' Stelle ein ganz anderer, ein junger Gott, der seine eigene Geschichte mit einer Zauberin hat. Auch er ist auf der Flucht vor der Liebe. Wie dann beide zusammenkommen, das ist sehr schön anzusehen. Eigentlich muss man die Geschichte gar nicht kennen. Einfach einlassen auf das Ganze und sich daran erfreuen. Ich habe die Oper/das Schauspiel von Anfang bis Ende genossen. Es ist eine absolut stimmige Inszenierung, eine Liebeserklärung an das Theater und die Oper, an die Schauspieler und Sänger, und nicht zuletzt an das Leben. Ich habe selten eine so gelungene Aufführung gesehen und gehört. Es macht einfach unendliche Freude und Spaß, an dem Ganzen teilzuhaben. Es ist so fein gewoben und die Verführung funktioniert so schön, man wird in das Spiel hineingezogen und lässt sich gerne ziehen. Ich möchte das Theaterstück im ersten Teil nicht missen. Es hat mir geholfen, in das Geschehen hineinzukommen. Umso besser hat es für mich im 2. Teil dann funktioniert. Denn die Rahmenhandlung hilft, die Oper besser zu verstehen. Es geht doch um den Sieg der Liebe und der Phantasie über Leid, Trauer und Tod, um die Verführung zum Leben. Und das alles ist mit so lustigen und bunten Einfällen garniert, das ganze Ensemble agiert mit solcher Spielfreude, dass man wie ein Kind, dem eine Wundertüte überreicht worden ist, in die Hände klatscht. Die Aufführung zeigt auch die Macht des Theaters, der Verwandlung (darum geht es doch). Man weiß um die Illusion, die Phantasie, um das Spiel im Spiel im Spiel (stimmt so, es sind ja verschiedene Spiele auf verschiedenen Ebenen), es ist alles komisch und dennoch ernst, berührend und verwirrend zugleich, ein Tanz des Lebens. Mit allem Ernst, allem Pathos und aller beides überwältigenden Komik, die sich selbst und die Mitspieler auf den Arm nimmt, die aber nie herabsetzend wirkt, sondern Mitgefühl für die Leidenden zeigt. Die Trauer, das Leid wird nicht vergessen oder verdrängt, sondern verwandelt. Ein Stück voller Weisheit, Zärtlichkeit und Anmut und einfach zauberhaft. Jonas Kaufmann ist ein wunderbarer Bacchus, halb verschreckter Knabe und dann wieder mächtiger, seiner selbst bewusst werdender Gott. Und alle anderen spielen und singen, dass man ihnen einfach nur zurufen möchte: Nicht aufhören, weitermachen. Bravo. Und das gilt auch dem Regisseur Sven Eric Bechtolf. Danke für dieses wunderschöne Erlebnis. Sony Classical - 2014 - DVD |